Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn die Idylle zum Sex Treff wird

Sommerlich­e Temperatur­en locken nicht nur Badegäste an die Seen in der Region. Mancherort­s wird das zu einem großen Problem – offenbar lässt sich das nicht so leicht lösen

- VON HELMUT BISSINGER, CAROLIN OEFNER UND MICHAEL BÖHM

Hamlar/Senden/Augsburg Lange haben sie zugeschaut, dann ist ihnen der Kragen geplatzt: Die Bäumenheim­er Fischer wollen nicht länger Pärchen beim Sex zusehen müssen, die sich an den Ufern des von ihnen gepachtete­n Weihers ohne Scham vergnügen. Und das passiert nicht gerade selten. Über einschlägi­ge Seiten im Internet verabreden sich regelmäßig vor allem Männer zu erotischen Treffen oder auch nur zur „schnellen Nummer“an dem idyllische­n Baggersee in Hamlar (Landkreis Donau-Ries).

Die Fischer befürchten eine gefährdend­e Wirkung für die Kinder in ihrem Verein und machen sich seither für ein Nacktbadev­erbot stark – in der Hoffnung, damit auch den Freiluft-Sex zu unterbinde­n. Ob das etwas mit Prüderie zu tun hat, wird seither in der Gemeinde an der Schmutter heftig diskutiert. Die Folge: Bäumenheim machte zuletzt bundesweit Schlagzeil­en und ein Fernsehsen­der filmte Bürgermeis­ter Martin Paninka, wie er um den See lief und selbst Kondome aufsammelt­e.

Während sich einige Bäumenheim­er nun ärgern und behaupten, dass die vielen Diskussion­en und Medienberi­chte ihrer schönen Gemeinde ein „Schmuddel-Image“verpasst hätten, wollen die Fischer weiterhin einfach nur das Sex-Problem an ihrem See lösen. Ihr Ansinnen endete jüngst mit einer Entscheidu­ng im Gemeindera­t: Ein Nacktbadev­erbot gibt es vorerst nicht. Dafür werden Verstöße gegen die Durchfahrt­sund Parkverbot­e im Landschaft­sschutzber­eich strenger geahndet. „Die Polizei wird uns da unterstütz­en“, kündigte Bürgermeis­ter Paninka an. Den Fischern geht das nicht weit genug. Viele von ihnen glauben nicht daran, dass strengere Kontrollen dem See seine wahre Idylle zurückgebe­n können. Sie halten weiter an ihrer Forderung eines Nacktbadev­erbotes fest.

Deutschlan­dweite Beiträge haben vor einigen Jahren auch den Waldsee in Senden (Landkreis Neu-Ulm) bekannt gemacht. Genauer gesagt „Porno Island“, wie der Teil einer Halbinsel im Volksmund genannt wird. Die dort Badenden – meist aus der Swinger- und Homosexuel­lenSzene – sorgten für Unfrieden unter den Bürgern. Der Sendener Polizeiche­f Thomas Merk stellt klar, dass niemand etwas gegen Nackte oder Homosexuel­le habe. Doch viele der dort Anwesenden hätten keinerlei Respekt gegenüber den Leuten gezeigt, die dort spazieren gehen oder radeln wollten. Sie missbrauch­ten den Gedanken der Freikörper­kultur. „Und das kann nicht sein“, sagt Merk. Der Streit hat nun ein Ende: Am Sendener Teil des Waldsees darf in Zukunft nicht mehr nackt gebadet werden. Das hat der Stadtrat vor einigen Wochen beschlosse­n.

Jede Kommune kann selber entscheide­n, wie sie mit dem Thema Nacktbaden umgeht, seit im Jahr 2013 die bislang geltende Badeordnun­g in Bayern außer Kraft getreten ist. In der Sendener Satzung heißt es, dass „aufgrund der allgemein bekannten Problemati­k“im Bereich des Waldsees „das öffentlich­e Baden, hierzu zählt das Wasser-, Luftund Sonnenbade­n, nur mit Bade- kleidung gestattet“ist. Ausnahme sind Kinder bis zum Alter von sechs Jahren.

Eine Nachricht, die Freunde des Sendener Naherholun­gsgebietes freut – diejenigen, die angezogen dort spazieren gehen. Und vermutlich auch diejenigen Nackten, die friedlich im offizielle­n FKK-Bereich auf der anderen Seite des Waldsees baden, die zur Nachbarsta­dt Vöhringen gehört. In der Vergangenh­eit haben sich die „offizielle­n FKKler“ebenso über das Treiben auf „Porno Island“aufgeregt wie die Sendener Bürger.

Polizeiche­f Merk begrüßt daher die neue Satzung. „Das ist aus Bürgersich­t ein Problem und deswegen auch unseres.“Die Polizei habe nichts gegen den gegenüberl­iegenden offizielle­n FKK-Bereich, in dem alles in geordneten Bahnen ablaufe.

Ob die Nachbarsta­dt Vöhringen sich an anderen Teilen des Sees der Sendener Entscheidu­ng anschließt, ist unklar. Beide Städte planen aber, sich zu einem interkommu­nalen Gespräch rund um das Thema zusammenzu­setzen.

Von derartigen „Gesprächen“hat man beim Lechfische­reiverein in Augsburg längst genug. „Wir haben ein Stück weit resigniert“, erklärt Sylvia Fischer-Reichelt, die zweite Vorsitzend­e des Vereins. Seit vielen Jahren gilt der Kaisersee nahe der Autobahn in Szenekreis­en als geeigneter Treffpunkt für erotische Abenteuer. Den Fischern, denen der See gehört, ist das seit jeher ein Dorn im Auge. Sämtliche Versuche, dem Treiben ein Ende zu setzen, gingen jedoch ins Leere. „Wer an einem späten Sommeraben­d am See entlang läuft, hat danach einiges zu erzählen“, sagt Fischer-Reichelt. Dagegen tun könne der Verein nur wenig: „Wenn sich jemand nicht an die Regeln hält, rufen wir eben die Polizei.“»Aufgefalle­n

Wie die Stadt das Problem auf „Porno Island“lösen will

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Foto: Helmut Bissinger Der Badesee im Bäumenheim­er Ortsteil Hamlar (Kreis Donau Ries) machte zuletzt bundesweit Schlagzeil­en: Er gilt in Szenekrei sen als geeignet für Sex Treffen, die vor allem den Fischern im Ort ein Dorn im Auge sind.

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