Mittelschwaebische Nachrichten

Wolfsburge­r Kraftakt

Der VfL setzt sich auch im Relegation­srückspiel bei Eintracht Braunschwe­ig mit 1:0 durch und bleibt damit Bundesligi­st. Fans stürmen den Rasen

- Ms@augsburger allgemeine.de

Braunschwe­ig Mario Gomez & Co. flüchteten nach dem glückliche­n Ende einer völlig verkorkste­n Saison verängstig­t vom Spielfeld. Nur kurz feierten die Profis des VfL Wolfsburg den vermiedene­n Absturz in die Zweitklass­igkeit, dann brachten sie sich auch schon vor den auf den Rasen gestürmten Fans der Braunschwe­iger Eintracht in Sicherheit. Den zweiten 1:0-Sieg im zweiten Relegation­sspiel und den mühevollen Klassenerh­alt begossen sie in der Kabine. Auf dem Spielfeld mussten Polizisten anschließe­nd den VfLFanbloc­k vor den Eintracht-Anhängern schützen, Böller flogen, eine Rakete landete in der BeamtenGru­ppe.

„Das ist natürlich kein Erfolg für den Verein, wir haben nur das absolute Minimum erreicht“, befand Wolfsburgs Trainer Andries Jonker. Manager Olaf Rebbe ergänzte: „Wir sind erleichter­t.“Wie es jetzt weitergehe? „Alle weiteren Themen ab morgen“, kommentier­te er knapp.

Gefeierter Torschütze beim eins- tigen Champions-League-Verein war der Portugiese Vieirinha nach 49 Minuten. Trotz einer hoch motivierte­n Vorstellun­g und mehrerer Topchancen verpassten die Braunschwe­iger den vierten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga nach 1974, 1981 und 2013. Für den ganz großen Coup fehlte ihnen in den beiden Niedersach­sen-Derbys vor allem die Konsequenz im Abschluss.

„Dass es uns nicht so gut geht, wird nachvollzi­ehbar sein. Wir haben trotz guter Chancen das Tor nicht gemacht, das ist der Knackpunkt gewesen“, sagte Braunschwe­igs Manager Marc Arnold. Trainer Torsten Lieberknec­ht zeigte sich dennoch stolz: „Wir haben es nicht geschafft, einen ganz großen Traum zu erreichen. Aber wir werden ganz schnell aufstehen und haben Bock auf die nächste Saison!“Ganz Deutschlan­d habe gesehen, dass Braunschwe­ig ebenbürtig gewesen sei.

Ihre geballte Power legten die Braunschwe­iger in dieses sportliche Schicksals­spiel, das 50 Jahre nach der ersten Meistersch­aft den Aufstieg bringen sollte. Sie erkämpften sich gegen die Wolfsburge­r in der ersten Halbzeit Gelegenhei­t um Gelegenhei­t und sorgten dafür, dass die Nervosität im Team des VW-Klubs schon in der ersten Halbzeit immens gestiegen war. Doch ein Weitschuss-Treffer von Vieirinha kurz nach der Pause beendete vor 23 000 Zuschauern den Sturmlauf und zugleich alle Braunschwe­iger Hoffnungen. Acht Minuten vor dem Ende sah Verteidige­r Maximilian Sauer obendrein Gelb-Rot.

Mario Gomez, der personifiz­ierten Lebensvers­icherung des VfL, gelang hingegen wenig: Er wirkte angesichts der fehlenden Spielkontr­olle und andauernde­r Beschimpfu­ngen von Braunschwe­iger Fans früh entnervt. Der Nationalst­ürmer ließ sich zu zahlreiche­n Offensivfo­uls hinreißen, für einen Schubser gegen Mirko Boland kassierte er die Gelbe Karte. Pech hatte er bei einer strittigen Szene: Seinen Treffer in der 39. Minute erkannte Schiedsric­hter Tobias Stieler nicht an, weil er kurz zuvor ein Foul von Yannick Gerhardt an Sauer erkannt hatte.

Vieirinhas Treffer nur vier Minuten nach Wiederanpf­iff wirkte wie ein totaler Stimmungsk­iller im Eintracht-Stadion. Nach einem Abpraller landete der Ball beim 31 Jahre alten Rechtsauße­n, der ihn aus 15 Metern ins Tor drosch. Danach? War das Spiel de facto entschiede­n. Die Braunschwe­iger erholten sich nicht mehr von dem Schock und bleiben Zweitligis­t. (dpa) Eintracht Braunschwe­ig Fejzic – Sauer, Decarli, Valsvik, K. Reichel – Omladic, Bo land – Khelifi (79. P. Tietz), Hochscheid­t (58. Hernández) – Nyman, Schönfeld (58. Abdullahi) VfL Wolfsburg Casteels – Träsch, Knoche, Wollscheid, Gerhardt – Guilavogui, Luiz Gustavo – Vieirinha (68. Dejagah), Malli, Didavi (78. Arnold) – Gomez (90. Osimhen) Schiedsric­hter Tobias Stieler (Hamburg) Tor 0:1 Vieirinha (49.) Gelb Rot Sauer (82./wiederholt­es Foulspiel) Zuschauer 23 000 (ausverkauf­t)

Neulich wieder einen italienisc­hen Camper vor seinem Mobilhome an der Wertach in Augsburg getroffen. Kurzes Gespräch über woher, wohin und den Grund des Besuchs. Schwärmen über die Schönheit der Städte jenseits des Brenners und die Begabung der Einwohner, alle Probleme der Welt bei einer Tasse Espresso und einem Weißwein wegzuplaud­ern. Ach, erwidert der Mann, er fahre wahnsinnig gerne nach Deutschlan­d. Hier gibt es auch schöne Städte, aber alles ist sauber und so gut organisier­t. Das genießt er, Urlaub vom Chaos am Stiefel.

Danke, das ist die Antwort auf die Frage, warum sich Ferrari vor der Saison 2015 Sebastian Vettel als Fahrer angelte. Vielleicht, weil der Heppenheim­er mit Red Bull vier Weltmeiste­rtitel holte. Auch, denn schnell im Kreis zu fahren ist eine notwendige Voraussetz­ung, um eine Festanstel­lung beim traditions­reichsten Rennstall der Formel 1 zu ergattern. Aber das entscheide­nde Kriterium: Vettel ist Deutscher. Die Scuderia hofft auf den Schumacher-Effekt. Mit „Michele“feierte das Team die größten Erfolge – fünf WM-Titel zwischen 2000 und 2004 in Folge. Der inzwischen schwer verunglück­te Kerpener hatte allerdings lange Aufbauarbe­it bei den als chaotisch geltenden Italienern leisten müssen. Erst in Schumacher­s fünftem Ferrari-Jahr klappte es mit dem Titel. Danach – ausgenomme­n der Ausreißer von Kimi Räikkönen in 2007 – ärgerten sich die Roten meist grün und blau.

2017 könnte die Durststrec­ke zu Ende gehen. In der Gesamtwert­ung hat Vettel ein sattes 25-Punkte-Polster auf den Mercedes-Rivalen Lewis Hamilton herausgefa­hren. Der dritte Saisonsieg in Monaco war der bislang emotionals­te Triumph in Rot. Ferrari-Boss Sergio Marchionne schwärmte: „Endlich gibt das Auto unseren Tifosi die Freude, die sie verdienen.“

Die Italiener drehten vor der Saison an vielen Stellschra­uben. Mit dem neuen Technikche­f Mattia Binotto verfügt das Team über ein neues Superhirn. Ein biegsamer Heckflügel, ein flexibler Unterboden und ein reifenscho­nendes Chassis sind die Zutaten des Aufschwung­s. Aber den wichtigste­n Beitrag liefert ein akribisch arbeitende­r analytisch­er Fahrer, der altgedient­e Ferrari-Mitarbeite­r an einen anderen Deutschen bei der Scuderia erinnert.

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Foto: dpa Die Ferrari Crew jubelt mit Sebastian Vettel.

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