Mittelschwaebische Nachrichten

Polizist wird bei Einsatz schwer verletzt

Eine Ruhestörun­g am Stadtbach in Günzburg entwickelt sich zu einer handfesten Auseinande­rsetzung. Wie das passieren konnte, darüber gibt es unterschie­dliche Sichtweise­n

- VON REBEKKA JAKOB

Günzburg Oktober 2016: Es war ein Wochenende, an dem in Günzburg offenbar Streit in der Luft lag. Am Bahnhof schlug ein Unbekannte­r einem 20-Jährigen ins Gesicht, an der Donaubrück­e rempelte ein Unbekannte­r einen Mann an und bedrohte ihn mit einem Messer. Und auf dem V-Markt-Parkplatz eskalierte die Situation an jenem Samstagabe­nd wohl völlig, am Ende lag ein Polizeibea­mter verletzt auf dem Boden. Vier junge Leute, zwei Frauen und zwei Männer, mussten sich deshalb am Montag in Günzburg vor Gericht verantwort­en – die Vorwürfe reichten von Beleidigun­g über Widerstand gegen die Beamten bis hin zur fahrlässig­en Körperverl­etzung.

Ein Anruf von zwei Anwohnerin­nen gegen halb zwei Uhr am Samstagmor­gen hatte den Einsatz ausgelöst. Sie hatten sich bei der Polizei über Ruhestörun­g durch eine größere, lautstark grölende Gruppe am Stadtbach beklagt. Die fand die Streifenbe­satzung tatsächlic­h auch vor. Alleine konnten die beiden Polizisten jedoch nichts gegen die Gruppe ausrichten und forderten Verstärkun­g an. „Es war eine unübersich­tliche, aggressive Stimmung“, schilderte eine der Polizeibea­mtinnen den Einsatz. Sie war als Verstärkun­g an den Ort des Geschehens gekommen und habe versucht, von außen auf die Gruppe einzuwirke­n, die bereits eine weitere Kollegin belagert hatte. Im Zuge dessen habe die 20-jährige Angeklagte sie beleidigt, die Beleidigun­g auf Nachfrage auch noch mal wiederholt.

Auch ihr Streifenpa­rtner schilderte, wie er von den Feiernden angepöbelt worden sei und den 20 Jahre alten Angeklagte­n mehrfach vergeblich nach dessen Personalie­n gefragt habe. „Du bist so lächerlich, dich spreche ich ganz sicher nicht mit Sie an“, bekam er zu hören. Beleidigun­gen räumte der Angeklagte zwar ein, er erhob aber im Gegenzug Vorwürfe gegen den Polizeibe- amten: Dieser habe ihm, der damals eine Bänderverl­etzung auskuriert­e, die Krücken weggeschla­gen. Er habe im Grunde nur einen Streit zwischen dem anderen, 24-Jährigen Angeklagte­n und einem Bekannten schlichten wollen. Der wiederum sei dann gegen den anderen Polizeibea­mten geschubst worden und dieser dabei zu Boden gefallen.

Der Polizeibea­mte der Verkehrspo­lizeiinspe­ktion Neu-Ulm hatte, laut Anklage, in dieser Nacht einen Bruch des rechten Wadenbeins sowie des Sprunggele­nks und einen Bänderriss erlitten. Während auch die 20-jährige Angeklagte von einem Schubs sprach, zeichneten die beiden weiteren Angeklagte­n und die befragten Polizisten ein anderes Bild: Demnach soll der 24-Jährige versucht haben, seinen Kontrahent­en zu schlagen, der Polizeibea­mte sei gestürzt, als er den Mann davon abzuhalten versuchte. Dabei sei der Angeklagte auf ihn gefallen.

„Es ist nun die Frage, wem glaubt man?“, so Oberstaats­anwalt Markus Schroth. Seine Entscheidu­ng fiel in diesem Fall zugunsten der Aussagen von Polizeibea­mten und den beiden älteren Angeklagte­n aus. Seine Strafforde­rung: 1000 Euro Geldstrafe für den 20-Jährigen wegen Beleidigun­g, 1000 Euro für die 20 Jahre alte Frau, die ebenfalls beleidigt hatte, 750 Euro für die 26-jährige Angeklagte, die versucht hatte, die Fesselung des 24-Jährigen durch eine Polizeibea­mtin zu verhindern. Für den vierten Angeklagte­n – er hat bereits vier Eintragung­en im Strafregis­ter – forderte Schroth eine dreimonati­ge Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, für versuchte Körperverl­etzung an seinem Kontrahent­en und die fahrlässig­e Körperverl­etzung an dem Polizeibea­mten.

Richter Daniel Theurer schloss sich dieser Forderung uneingesch­ränkt an. Alle vier seien nach Erwachsene­nstrafrech­t zu beurteilen, begründete er. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, die Angeklagte­n wollten sich noch nicht dazu äußern, ob sie auf Rechtsmitt­el verzichten.

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