Mittelschwaebische Nachrichten
Polizist wird bei Einsatz schwer verletzt
Eine Ruhestörung am Stadtbach in Günzburg entwickelt sich zu einer handfesten Auseinandersetzung. Wie das passieren konnte, darüber gibt es unterschiedliche Sichtweisen
Günzburg Oktober 2016: Es war ein Wochenende, an dem in Günzburg offenbar Streit in der Luft lag. Am Bahnhof schlug ein Unbekannter einem 20-Jährigen ins Gesicht, an der Donaubrücke rempelte ein Unbekannter einen Mann an und bedrohte ihn mit einem Messer. Und auf dem V-Markt-Parkplatz eskalierte die Situation an jenem Samstagabend wohl völlig, am Ende lag ein Polizeibeamter verletzt auf dem Boden. Vier junge Leute, zwei Frauen und zwei Männer, mussten sich deshalb am Montag in Günzburg vor Gericht verantworten – die Vorwürfe reichten von Beleidigung über Widerstand gegen die Beamten bis hin zur fahrlässigen Körperverletzung.
Ein Anruf von zwei Anwohnerinnen gegen halb zwei Uhr am Samstagmorgen hatte den Einsatz ausgelöst. Sie hatten sich bei der Polizei über Ruhestörung durch eine größere, lautstark grölende Gruppe am Stadtbach beklagt. Die fand die Streifenbesatzung tatsächlich auch vor. Alleine konnten die beiden Polizisten jedoch nichts gegen die Gruppe ausrichten und forderten Verstärkung an. „Es war eine unübersichtliche, aggressive Stimmung“, schilderte eine der Polizeibeamtinnen den Einsatz. Sie war als Verstärkung an den Ort des Geschehens gekommen und habe versucht, von außen auf die Gruppe einzuwirken, die bereits eine weitere Kollegin belagert hatte. Im Zuge dessen habe die 20-jährige Angeklagte sie beleidigt, die Beleidigung auf Nachfrage auch noch mal wiederholt.
Auch ihr Streifenpartner schilderte, wie er von den Feiernden angepöbelt worden sei und den 20 Jahre alten Angeklagten mehrfach vergeblich nach dessen Personalien gefragt habe. „Du bist so lächerlich, dich spreche ich ganz sicher nicht mit Sie an“, bekam er zu hören. Beleidigungen räumte der Angeklagte zwar ein, er erhob aber im Gegenzug Vorwürfe gegen den Polizeibe- amten: Dieser habe ihm, der damals eine Bänderverletzung auskurierte, die Krücken weggeschlagen. Er habe im Grunde nur einen Streit zwischen dem anderen, 24-Jährigen Angeklagten und einem Bekannten schlichten wollen. Der wiederum sei dann gegen den anderen Polizeibeamten geschubst worden und dieser dabei zu Boden gefallen.
Der Polizeibeamte der Verkehrspolizeiinspektion Neu-Ulm hatte, laut Anklage, in dieser Nacht einen Bruch des rechten Wadenbeins sowie des Sprunggelenks und einen Bänderriss erlitten. Während auch die 20-jährige Angeklagte von einem Schubs sprach, zeichneten die beiden weiteren Angeklagten und die befragten Polizisten ein anderes Bild: Demnach soll der 24-Jährige versucht haben, seinen Kontrahenten zu schlagen, der Polizeibeamte sei gestürzt, als er den Mann davon abzuhalten versuchte. Dabei sei der Angeklagte auf ihn gefallen.
„Es ist nun die Frage, wem glaubt man?“, so Oberstaatsanwalt Markus Schroth. Seine Entscheidung fiel in diesem Fall zugunsten der Aussagen von Polizeibeamten und den beiden älteren Angeklagten aus. Seine Strafforderung: 1000 Euro Geldstrafe für den 20-Jährigen wegen Beleidigung, 1000 Euro für die 20 Jahre alte Frau, die ebenfalls beleidigt hatte, 750 Euro für die 26-jährige Angeklagte, die versucht hatte, die Fesselung des 24-Jährigen durch eine Polizeibeamtin zu verhindern. Für den vierten Angeklagten – er hat bereits vier Eintragungen im Strafregister – forderte Schroth eine dreimonatige Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, für versuchte Körperverletzung an seinem Kontrahenten und die fahrlässige Körperverletzung an dem Polizeibeamten.
Richter Daniel Theurer schloss sich dieser Forderung uneingeschränkt an. Alle vier seien nach Erwachsenenstrafrecht zu beurteilen, begründete er. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Angeklagten wollten sich noch nicht dazu äußern, ob sie auf Rechtsmittel verzichten.