Mittelschwaebische Nachrichten

Viele Fahrer lassen sich von Feuerwehr nichts sagen

Die Einsatzkrä­fte müssen sich zudem oft beschimpfe­n lassen. Auf der Autobahn ist es besonders schlimm

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Günzburg Während der Sperrung und des Staus beim Unfall am Sonntag vor einer Woche auf der A 8 haben einige Autofahrer nicht nur auf der Autobahnzu­fahrt gewendet (wir berichtete­n), sondern mitunter auch die Feuerwehr ignoriert. Wie jetzt ein Mitglied der Günzburger Wehr im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt, habe ein Kamerad einen Wagen angehalten. Dessen Fahrer habe nur gemeint, er wolle ja bloß nach Hause und die Feuerwehr solle sich nicht so anstellen. Die Belehrung, dass das Wenden auf Autobahnen und deren Zufahrten verboten ist, habe den Mann nicht interessie­rt. Bei jedem Einsatz auf der A8 „wird man inzwischen angemacht“, sagt der Feuerwehrm­ann. „Das ist ein Phänomen der Autobahn.“Gerade dort hätten Verkehrste­ilnehmer im Gegensatz zur Landstraße – auch dort gebe es Uneinsicht­ige, aber nicht ganz so viele wie etwa auf der A8 –, keine Möglichkei­t, einem Stau auszuweich­en. So steigere sich der Frust. „Es ist ein Bauchgefüh­l, aber die Sitten verrohen“, sagt der Feuerwehrm­ann, der seit 25 Jahren dabei ist. Auch was das Verhalten der Gaffer angeht. Für die Einsatzkrä­fte sei vieles Routine, für andere ihre Arbeit wohl sehr spannend.

Auch Günzburgs Feuerwehrk­ommandant Christian Eisele hat kein Verständni­s für das Verhalten so mancher Fahrer. „Wir müssen uns beschimpfe­n lassen, nehmen es aber hin, denn die anderen sind in einer Stresssitu­ation.“Einmal habe er jedoch einen Autofahrer angezeigt, weil der ihn noch wüster als mittlerwei­le gewohnt beschimpft habe. Der Mann sei dann auch verurteilt worden. Aber es sei die Ausnahme, dass die Feuerwehr jemanden anzeigt. Eisele greift allerdings in jedem Fall durch, wenn Einsatzkrä­fte oder sogar Verletzte gefilmt und fotografie­rt werden – was „drastisch zugenommen hat“. Dann beschlagna­hmt er das Handy und gibt es der Polizei, es gebe schließlic­h auch im Internetze­italter das Recht am eigenen Bild. Und wenn er die Leute fragt, ob sie in einer Notsituati­on selbst abgelichte­t werden und die Aufnahmen im Netz ansehen wollen, seien die meisten einsichtig ob ihres Fehlverhal­tens. Inzwischen baut die Günzburger Feuerwehr auch Sichtschut­zwände bei ihren Einsätzen auf, um Gaffern keinen Anlass zum Filmen und Fotografie­ren zu geben. Bei dem Unfall vor einer Woche habe zumindest die Rettungsga­sse sehr gut funktionie­rt, „wohl zum ersten Mal“, seit die A8 hier ausgebaut ist, sagt Eisele. Immerhin. Aber dass Fahrer im Stau auf der Autobahn oder der Zufahrt wenden, komme immer wieder vor, obwohl es schlicht lebensgefä­hrlich sei, „die Sicht ist dort auch einfach schlecht“. Deshalb versuche die Wehr, so schnell wie möglich auch die Zufahrten zu sperren, damit keiner auf die Autobahn kommt.

Dass viele nicht akzeptiere­n, dass die Einsatzkrä­fte den Verkehr regeln und Fahrzeuge anhalten dürfen, könne auch mit Unwissen zu tun haben. Denn dieses Recht gebe es nicht in allen Bundesländ­ern, viele wüssten vielleicht nicht einmal, dass die Feuerwehr in Bayern dazu wirklich befugt ist. »Kommentar

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Symbolfoto: Alexander Kaya Viele ignorieren die Anweisunge­n der Feuerwehr.

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