Mittelschwaebische Nachrichten
Die nackte Wahrheit am Fischwasser
Fischer sind – wie auch Jäger, Pilzsucher oder Vogelschützer – an Überraschungen gewöhnt. Draußen in freier Natur kann einem alles Mögliche unterkommen. Im Krimi sind es meistens Leichen, die am Haken hängen. Im gezeichneten Witz sind es wahlweise Konservendosen oder Fahrräder. Und im Märchen kann es auch mal ein Zauberfisch sein. Doch die nackte Wahrheit ist eine ganz andere. Die unangenehmsten Überraschungen lauern nicht unbedingt im Wasser, sondern am Ufer.
Eine friedliche Koexistenz an ein und demselben Ort scheint, auch wenn es sich in beiden Fällen in gewisser Weise um Naturphänomene handelt, per se ausgeschlossen. Der Wunsch nach Ruhe und Erholung beim Angeln verträgt sich nicht mit dem Wunsch, Freikörperkultur in ihrer schärfsten Form und mit vollem Körpereinsatz zu praktizieren. Es passt nicht zusammen, wenn die einen sich unbedingt zeigen, die anderen aber genau das nicht sehen wollen. Ein geradezu tragischer Zielkonflikt.
Guter Rat also ist teuer in Bäumenheim-Hamlar oder am Kaisersee in Augsburg. Wer Ordnung und Freiheit gleichermaßen liebt, der kann weder völlige sexuelle Zügellosigkeit tolerieren noch für strikte Nacktbadeverbote eintreten, die auch alle anständigen Nudisten treffen würden. Er kann nur an Anstand und Mäßigung appellieren.
Die Fischer und alle anderen können sich derweil nur damit trösten, dass die Saison für die Freiluft-Swinger schon rein jahreszeitlich bedingt auf die warmen Tage und Nächte im Sommer begrenzt ist. Spätestens im September ist der Spuk hoffentlich wieder vorbei.