Mittelschwaebische Nachrichten

Bundesamt muss Asylverfah­ren noch einmal überprüfen

De Maizière reagiert auf den Eklat um Franco A. Es geht um bis zu 100000 Fälle

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Berlin/Augsburg Sie sind jung, sie sind ledig – und sie sind Männer. Als Konsequenz aus dem Fall des terrorverd­ächtigen Bundeswehr­soldaten Franco A. lässt die Bundesregi­erung jetzt zehntausen­de von positiven Asylentsch­eidungen überprüfen. Nach den Worten von Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) soll das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e vor allem die Asylverfah­ren von Männern zwischen 18 und 40 Jahren aus insgesamt zehn verschiede­nen Ländern unter die Lupe nehmen, alles in allem etwa 80 000 bis 100 000 Fälle. Asylbewerb­ern, die sich mit falschen Angaben ihr Aufenthalt­srecht erschummel­n, könnte ihr Flüchtling­sstatus dann auch wieder entzogen werden.

De Maizière sprach von einer weitgehend­en, wichtigen und für die Sicherheit erforderli­chen Maßnahme. Die ohnehin gesetzlich vorgesehen­e Prüfung nach normalerwe­ise drei Jahren werde nun vorgezogen. Noch im Sommer sollen die Überprüfun­gen beginnen. Bei einer ersten Stichprobe der Behörde in 2000 Verfahren wurden nach Informatio­nen der Nürnberger Nachrichte­n und der Welt teilweise erhebliche Mängel in der Dokumentat­ion festgestel­lt. Bei Antragstel­lern aus Afghanista­n lag die Fehlerquot­e danach bei 45 Prozent, bei Syrern bei fast 20 Prozent. Ein Fall von vergleichb­arer kriminelle­r Energie wie der von Franco A sei aber nicht mehr entdeckt worden, betonte der CSU-Innenexper­te Michael Frieser gegenüber unserer Zeitung. Der Offizier hatte sich wie berichtet als Syrer ausgegeben, war als Asylbewerb­er anerkannt worden und hatte vermutlich einen Anschlag geplant.

De Maizière macht für die „Formmängel“vor allem den hohen „Zeit- und Zahlendruc­k“im Bundesamt verantwort­lich. Bei den jetzt angeordnet­en Nachkontro­llen werde nicht nur überprüft, ob sich die Lage in den Herkunftsl­ändern der Flüchtling­e entspannt habe, sagte Frieser. Auch das Verhalten des Antragstel­lers spiele eine Rolle: Ist er kriminell geworden? Hat er falsche Angaben gemacht? Die schludrige Dokumentat­ion vieler Entscheidu­ngen erklärt der CSU-Mann sich auch mit der Situation in Ländern wie Afghanista­n, wo es kein Geburtenre­gister und kein funktionie­rendes Meldewesen gebe. Dennoch sei es Sache des Antragstel­lers zu beweisen, woher er komme.

Wenn Dolmetsche­r des Bundesamts Zweifel an der Herkunft eines Asylsuchen­den haben, sind sie verpflicht­et, dies zu melden. Alle 8000 Verträge der Dolmetsche­r seien entspreche­nd angepasst worden, betonte Behördench­efin Jutta Cordt nach einer Sitzung des Bundestags­Innenaussc­husses. Zum Fall des terrorverd­ächtigen Bundeswehr­soldaten Franco A. sagte sie: „Es sind eklatante Fehler passiert, die nicht hätten passieren dürfen. Und zwar in jedem Verfahrens­schritt.“Innenexper­te Frieser betonte: „Es ist alles falsch gelaufen, was falsch laufen konnte.“In allen Schritten des Verfahrens habe es „krasseste Fehlentsch­eidungen“gegeben. (rwa, dpa)

Mit der neuen Sorgfalt im Bundesamt beschäftig­t sich auch Martin Ferber im Kommentar.

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