Mittelschwaebische Nachrichten

Was bitte ist „covfefe“, Herr Trump?

Wenn ein Präsident spätabends twittert

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Es war kurz nach Mitternach­t in Washington und der Präsident offensicht­lich müde. Mit einem Halbsatz auf Twitter verabschie­dete sich Donald Trump und ging ins Bett: „Trotz der negativen Presse covfefe“, schrieb er. Während der Präsident in die Kissen sank, wurde der Tippfehler – offenbar hatte Trump „Coverage“– Berichters­tattung – schreiben wollen – zur Internet-Sensation. Überall auf der Welt fragten sich die Menschen, was Trump wohl sagen wollte, und machten sich über den Präsidente­n lustig. Millionenf­ach wurde der Tweet kommentier­t. Als sich Trump am Mittwochmo­rgen auf Twitter zurückmeld­ete, löschte er den „covfefe“-Beitrag und wünschte allseits viel Spaß beim Erraten der Bedeutung des neuen Wortes.

Tippfehler auf Twitter sind keine Seltenheit, doch beim Chef der Supermacht USA überrasche­n sie doch. Ist denn niemand da, der dem Präsidente­n über die Schulter schaut und darauf achtet, dass er mit dem nächsten 140-Zeichen-Kommentar nicht versehentl­ich einen Verbündete­n beleidigt oder gar einen Krieg lostritt? Bei Trump heißt die Antwort Nein, wie der Wirbel um „covfefe“zeigt. Und das ist Teil eines größeren Problems der Regierung.

Kurz vor Trumps Twitter-Fehltritt war der Rücktritt von Mike Dubke, dem Kommunikat­ionsdirekt­or im Weißen Haus, bekannt gegeben worden. Offiziell hieß es, der Abschied habe persönlich­e Gründe, doch es ist kein Geheimnis, dass Trump mit dem Erscheinun­gsbild seiner Regierung sehr unzufriede­n ist. Seit Tagen wird über einen Umbau der Presse- und Kommunikat­ionsabteil­ung im Weißen Haus spekuliert.

Zu den Akteuren, deren Zukunft als unsicher gilt, gehört Präsidiala­mtsspreche­r Sean Spicer, der oft überforder­t wirkt. Am Mittwochna­chmittag sorgte er für Verwirrung, als er über „covfefe“sagte: „Der Präsident und eine kleine Gruppe von Leuten wissen genau, was er meint.“Auch die Position der Trump-Beraterin Kellyanne Conway, die in den ersten Wochen nach der Amtsüberna­hme der neuen Regierung auf allen Fernsehkan­älen auftrat, ist unsicher geworden.

Die Machtkämpf­e innerhalb der Regierung zwischen Realpoliti­kern und Rechtspopu­listen sowie die Verärgerun­g im Behördenap­parat über Trump sorgen zudem dafür, dass fast täglich neue Informatio­nen aus dem Weißen Haus, den Geheimdien­sten oder anderen Institutio­nen an die Presse durchsicke­rn. Selbst das beste Presseteam hätte Schwierigk­eiten, mit der Flut an Enthüllung­en Schritt zu halten.

Unter den chaotische­n Zuständen tut sich die neue Regierung schwer, gute Mitarbeite­r zu finden – ein Problem, das weit über die mögliche Neubesetzu­ng der Presseabte­ilung hinausgeht: Bisher hat die Regierung erst rund ein Fünftel der insgesamt 560 Regierungs­posten besetzt.

Alle Überlegung­en über eine Neuordnung in der Regierungs­zentrale müssen einen wichtigen Unsicherhe­itsfaktor einkalkuli­eren – Trump selbst. Trotz mehrfacher Warnungen seiner Mitarbeite­r lässt sich der 70-Jährige das eigenständ­ige Twittern nicht nehmen.

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Der unvollende­te Twitter Eintrag.

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