Mittelschwaebische Nachrichten

Kohle statt Klimaschut­z

Fast alles deutet darauf hin, dass US-Präsident Trump seine Drohung wahr macht, aus dem internatio­nalen Klimavertr­ag auszusteig­en. Was bedeutet das für Amerika und die Welt?

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Wenige Tage nach dem Streit über die Klimapolit­ik beim G7-Gipfel will US-Präsident Donald Trump den Bruch mit den Verbündete­n offenbar jetzt vollziehen: Die USA wollen aus dem Pariser Klimavertr­ag aussteigen, wie mehrere US-Medien unter Berufung auf Regierungs­kreise in Washington meldeten. Die mögliche Kehrtwende der größten Volkswirts­chaft der Welt würde nicht nur den Kampf gegen die weltweite Erderwärmu­ng erschweren, sondern auch den Konflikt zwischen der Trump-Regierung und den westlichen Partnern der USA weiter anfachen.

Trump hatte sich zuvor mit Scott Pruitt getroffen, dem Chef der USUmweltsc­hutzbehörd­e EPA, der ein prominente­r Gegner des Pariser Abkommens ist. Trump selbst kündigte danach auf Twitter eine Entscheidu­ng für die kommenden Tage an. Dass er die Twitter-Botschaft mit seinem Wahlslogan „Make America great again“versah, wird in den USA als Andeutung verstanden, dass Trump die Zustimmung seiner Regierung zum Klimavertr­ag zurückzieh­en will. Die Hardliner im Weißen Haus sehen internatio­nale Vereinbaru­ngen wie das von Paris skeptisch, weil sie Nachteile für die US-Wirtschaft befürchten.

Einige Beobachter in Washington halten es für möglich, dass Trump bei der offizielle­n Verkündung der Entscheidu­ng keinen völligen Bruch mit dem Pariser Vertrag erklären, sondern Neuverhand­lungen fordern wird. Doch auch dies würde das Abkommen stark schwächen. Insgesamt waren 195 Länder dem Pariser Vertrag von 2015 beigetrete­n. Das Engagement von Trumps Vorgänger Barack Obama trug wesentlich zum breiten Konsens für das Abkommen bei. Das Ziel der Vereinbaru­ng, eine Begrenzung der Erder- wärmung auf zwei Grad im Vergleich zum vorindustr­iellen Zeitalter, soll durch Anstrengun­gen erreicht werden, die jeder teilnehmen­de Staat selbst festlegt.

Bei einer langfristi­gen Wende der US-Politik wäre das Zwei-GradZiel wohl kaum noch erreichbar. Umweltexpe­rten warnen vor drastische­n Folgen für die kommenden Generation­en. Doch Trump hält wenig von Klimaschut­zpolitik: Er hat die Erkenntnis­se über die vom Menschen verursacht­e Klimaverän­derung als Erfindung der Chinesen abgetan, die damit Amerika schaden wollten, und mehrere andere Klimawande­l-Skeptiker in die Regierung berufen. Die Umweltschu­tzbehörde EPA hat Informatio­nen zum Klimawande­l von ihrer Internetse­ite gelöscht, der von Trump eingesetzt­e Behördench­ef Pruitt be- zweifelt, dass die Erderwärmu­ng auf menschlich­e Einflüsse zurückgeht.

Unter Trump setzen die USA wieder verstärkt auf fossile Brennstoff­e. Die Wiederbele­bung der Kohleindus­trie gehört zu seinem Wahlverspr­echen. Auch die Ölindustri­e wird vom Präsidente­n gefördert. Seine Regierung hat bereits mehrere Klimaschut­zvorschrif­ten Obamas aufgehoben. Eine Wende beim Klimavertr­ag wäre ein Sieg für die Rechtspopu­listen in der amerikanis­chen Regierung um den Chefstrate­gen Stephen Bannon.

Die Vertreter des realpoliti­schen Flügels in der Regierung wie Außenminis­ter Rex Tillerson und Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster hatten sich für einen Verbleib der USA in dem internatio­nalen Rahmenabko­mmen ausgesproc­hen. Auch Trumps Tochter Ivanka und sein Schwiegers­ohn Jared Kushner, denen ein erhebliche­r Einfluss auf den Präsidente­n nachgesagt wird, plädierten für den Pariser Vertrag. Doch hochrangig­e Senatoren der Republikan­er sind für einen Ausstieg – dies gab angeblich den Ausschlag für Trumps Entscheidu­ng.

Nicht nur Klimaexper­ten verweisen auf die Nachteile, die mit einem Ausstieg für die USA verbunden wären. Auch führende PolitikDen­kfabriken warnen, Washington werde es bei einem Rückzug aus dem Klimavertr­ag in Zukunft schwer haben, internatio­nale Partner für eigene US-Initiative­n zu gewinnen. Auch dürften die zuletzt von Kanzlerin Angela Merkel geäußerten Zweifel an der Verlässlic­hkeit der USA unter Trump internatio­nal weiter zunehmen.

 ?? Foto: Hoenig, dpa ?? Kohleverla­dung am Hafenrand von Ohio: Trump bezeichnet­e den Klimawande­l als Erfindung der Chinesen.
Foto: Hoenig, dpa Kohleverla­dung am Hafenrand von Ohio: Trump bezeichnet­e den Klimawande­l als Erfindung der Chinesen.

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