Mittelschwaebische Nachrichten

Starkes Signal für Augsburg

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Augsburg Sie stehen unter besonderer Beobachtun­g. Jede Äußerung eines Spitzenman­agers des chinesisch­en Haushaltsg­eräte-Riesen Midea wird von vielen der in Augsburg rund 3500 Beschäftig­ten des KukaKonzer­ns auf mögliche negative Folgen für den Hauptsitz des bayerische­n Roboterbau­ers abgeklopft. Zwar hat das Management des Unternehme­ns eine in dieser Form wohl weltweit einmalige mitarbeite­rfreundlic­he Vereinbaru­ng mit den Investoren aus Fernost geschlosse­n. So wurden bis Ende 2023, also ungewöhnli­ch lange, weitreiche­nde Standort- und Jobgaranti­en festgeschr­ieben. Auch sollen die verblieben­en Aktionäre nicht aus der Firma gedrängt werden. Midea hält 94,6 Prozent der Aktien.

Aber man weiß ja nie. In Aktiengese­llschaften geht es mitunter rüde zu. So werfen Kleinaktio­näre auf der gestrigen Kuka-Hauptversa­mmlung in Augsburg die Frage auf, wie es 2024 weitergeht, ob die Schwüre der Chinesen dann noch gelten. Der neue Kuka-Aufsichtsr­atschef und Midea-Mann Andy Gu will, auch wenn ihn Anteilseig­ner dazu auffordern, keine über den Vertrag hinausgehe­nde Standort- und Arbeitspla­tzversprec­hen abgeben.

Kuka-Chef Till Reuter wirkt jedenfalls zufrieden mit dem neuen, starken Anteilseig­ner. In seiner Rede vor den Aktionären sagt er zwei Mal, das Unternehme­n wolle weiter in den Standort Augsburg investiere­n. Ins Detail geht er nicht. Im Gespräch mit unserer Zeitung am Rande der Hauptversa­mmlung wird der Manager dann konkreter. Nachdem die Firma bereits rund 60 Millionen Euro in ein neues Technologi­eund Forschungs­zentrum in

DVON STEFAN STAHL ie Chinesen wollen sich keine Blöße geben. Sie wissen, wie kritisch ihr Engagement bei Kuka beäugt wird. Sollten die Investoren des Midea-Konzerns nur minimal von ihren Verspreche­n abrücken, würden sie der Vertragsbr­üchigkeit bezichtigt. Da wäre den Managern nicht nur der Zorn der Beschäftig­ten in Augsburg, sondern auch politische­r Unmut gewiss. Denn Kanzlerin Merkel mag Kuka. Sie beobachtet den Fortgang des Unternehme­ns, das sie als Aushängesc­hild deutscher Hochtechno­logie betrachtet. Dass die High-Tech-Perle jetzt chinesisch­en Investoren gehört, ändert daran nichts.

Die Midea-Manager fahren derweil einen Kuschelkur­s. Sie tragen die gleichen orangenen Krawatten wie deutsche Kuka-Manager. Orange ist die Firmenfarb­e. Schließlic­h heißt ein chinesisch­es Sprichwort: „Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt.“Und weil die Midea-Leute so glücklich sind, sich Kuka trotz aller Widerständ­e geschnappt zu haben, setzen sie bewusst Zeichen der Freude, um Skeptiker in ChinaFreun­de zu verwandeln. Dass der Roboterbau­er an seinem Augsburger Stammsitz in den nächsten Jahren gut 100 Millionen Euro investiere­n darf, ist ein starkes Signal.

Doch die Wahrheit über die glückliche­n Chinesen und Kuka wird erst ab 2024 offenbar werden. Dann laufen die Job- und Standortga­rantien aus. Dann kommt es zur Belastungs­probe, gerade wenn es wirtschaft­lich schlechter läuft. In konjunktur­ell guten Zeiten wie diesen lässt sich Glück leicht teilen.

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