Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn Müttern das Wasser bis zum Hals steht
Trotz Emanzipation tragen noch immer meist die Mütter die Hauptlast des Familienlebens. Was sie lernen müssen, um unter dem Druck nicht zusammenzubrechen
Krumbach Welche Mutter kennt das nicht: Während sie gerade den Frühstückstisch abräumt, streiten die beiden Kinder. Lautstarkes Weinen. Beim Trösten bemerkt die Mutter, dass die Windel voll ist. Während die Mutter Kind eins wickelt, verteilt Kind zwei seine Spielsachen mit großer Freude im ganzen Wohnzimmer. Als klar wird, dass der Arzttermin unter diesen Umständen kaum mehr pünktlich zu schaffen ist, steigt allmählich der Adrenalinpegel. Später warten dann noch drei Maschinen voll Wäsche in der Waschküche und im Bad sollte eigentlich längst einmal geputzt werden.
Mütter sind einem ähnlichen Druck wie Manager großer Konzerne ausgesetzt, sagt Heike Feßler vom Familienstützpunkt in Krumbach. Trotz aller Emanzipation tragen die Frauen noch immer meist die Hauptlast in der Familie. Der Druck ist im Vergleich zu früheren Generationen sogar noch gewachsen. Beruflich soll es vorwärts gehen, das Haus soll ordentlich sein, die Kinder müssen bestmöglich gefördert werden und die Haustiere dürfen auch nicht verhungern. Hinzu kommt der eigene Anspruch, alles perfekt hinzubekommen. Honoriert wird das, was Mütter leisten, nur selten.
Ständig unter Strom stehend, kein Feierabend, kein Urlaub, kaum Verschnaufpausen, können Mütter schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geraten. Wer in dieser Situation niemanden hat, der einem zumindest für kurze Zeit etwas Luft zum Atmen verschafft, kann schnell in eine Depression abrutschen. Besonders gefährdet sind laut Feßler alleinerziehende Mütter, denen oft ein soziales Netzwerk fehlt. Mit einem Vortrag im Rahmen des interkulturellen Frühstücks hat der Familienstützpunkt Krumbach den „Mütter-Burnout“zum Thema ge- macht. Vom Burnout spricht man, wenn auch nach Erholungsphasen die gewohnte Souveränität nicht mehr wiederkommt, sich stattdessen eine bleierne Niedergeschlagenheit breit macht. Oft geht das Krankheitsbild auch mit psychosomatischen Symptomen einher. Wenn sich der psychische Druck in körperlichen Leiden, etwa Rückenschmerzen, ausdrückt. Es sei schwierig, sich selbst einzugestehen, wenn es nicht mehr weiter geht, weiß Feßler. Um es gar nicht soweit kommen zu lassen, versucht sie am Familienstützpunkt ein Präventionsangebot zu machen. „Ich würde mir wünschen, dass die Mütter lieber früher zu mir kommen, nicht erst dann, wenn sie bereits ganz am Boden sind.“Feßlers Aufgabe ist nicht die einer Therapeutin. Was der Familienstützpunkt leisten kann, ist ein offenes Hilfsangebot, einen geschützten Rahmen bieten. Oft hilft es den Müttern schon, in ungezwungener Runde einfach mal den ganzen Stress und Ärger, der sie belastet, auszusprechen. Zu sehen, dass andere Mütter mit den gleichen Problemen kämpfen, tut gut. Feßler ist es wichtig, dass die Mütter in sich selbst hineinhorchen und bei Bedarf auch einmal Nein sagen, sich Auszeiten und Ruheinseln im Alltag einrichten. Auch im Familienleben müssten Aufgaben delegiert und Verantwortung abgegeben werden. Sind Frauen tatsächlich ernsthaft psychisch erkrankt, kann sie Feßler an professionelle Helfer weitervermitteln. Der größte Gewinn der offenen Treffs am Donnerstag ist der Aufbau eines sozialen Netzes, das Mütter im Alltag und besonders im Notfall entlasten kann.
Dialog am Donnerstag Mit dem in terkulturellen Frauenfrühstück, dem El terntalk, Elterncafé und dem Puzzlefrüh stück gibt es abwechselnd immer don nerstags von 9 bis 11 Uhr einen offenen Treff im neuen Krumbacher Bürger haus.