Mittelschwaebische Nachrichten
Tourismus: Viel besser als erwartet
Legoland hat über Jahre hinweg falsche Zahlen bei den Übernachtungen angegeben. Das wird jetzt berichtigt. Aber wie konnte der Fehler passieren?
Günzburg Jahrelang ist niemand aufgefallen, dass die Zahl der Übernachtungen und der Gäste im Landkreis Günzburg um einiges höher liegt als das von der amtlichen Statistik angegeben wurde. Das Bayerische Landesamt für Statistik, inzwischen mit Sitz in Fürth, kann nichts dafür. Die Behörde ist unbewusst mit falschen Zahlen beliefert worden.
Im vergangenen Jahr haben die Übernachtungen im Stadtgebiet erstmals die magische Zahl von 400000 überschritten, gab unlängst Gerhard Jauernig bekannt. Der Günzburger SPD-Oberbürgermeister wertete das Engagement des Freizeitparks, der seit 15 Jahren existiert, als „klares Bekenntnis zur Stadt“. Ein Piratenhotel mit fast 600 Plätzen soll nächstes Frühjahr eröffnet werden.
Aber das mit den 400000 Übernachtungen kann nicht sein. Denn Legoland allein zählt für das Feriendorf im Jahr 2016 rund 300000 Übernachtungen, was einer Auslastung von 80 Prozent entspricht, sagt Feriendorf-Direktor Christian Sichert.
Das Angebot ist mit Campingfässern, Ferienhäusern und Themenhotels wie Ritterburg, Königsburg und Drachenburg ganz auf Familien ausgerichtet. 1390 Betten offeriert der Freizeitpark in diesem Jahr – und der Campingplatz ist da noch gar nicht mit dazugerechnet.
Dazu sind weitere 220000 Übernachtungen im Stadtbereich von Günzburg gekommen, sagt Anja Hauke, die Leiterin der Tourismusinformation Günzburg-Leipheim, im Rückblick auf 2016. Sie hatte den Fehler entdeckt und nicht schlecht darüber gestaunt.
Wie aber ist die gewaltige Differenz zu erklären? Sichert und Legoland-Sprecherin Stefanie Ossig nennen das eigene Reservierungsprogramm als Grund dafür, dass mit dem Beginn des Feriendorfes vor neun Jahren in den „Monatsreports“für die Statistik weniger Menschen bei den Übernachtungen angegeben wurden als tatsächlich übernachtet haben. Denn in der Kategorie „Übernachtungen“wurde ein Zimmer als eine Übernachtung gezählt – unabhängig davon, von wie vielen Personen das Hotelzimmer oder das Ferienhaus genutzt worden ist. Der Fehler sei deshalb lange Zeit nicht entdeckt worden, „weil wir dennoch bei den Tourismuszahlen einen Zuwachs hatten“, erklärt Axel Egermann, Geschäftsführer der Gesellschaft Regionalmarketing Günzburg (RMG), die den Tourismus im Landkreis mit ankurbeln soll.
Wie sich der Zahlenzuwachs bei den Gästen und den Übernachtungen tatsächlich auswirkt, wird vermutlich am 10. Juni bekannt. An diesem Tag soll das Landesamt für Statistik die Zahlen für den Mai veröffentlichen.
Eine Korrektur aller alten falschen Angaben durch das Landesamt ist nach Darstellung von Regionalmarketing und Stadt nicht vorgesehen. Die berichtigten Zahlen von Legoland wurden rückwirkend bis zum September 2016 nach Fürth geschickt.
Und auch künftig werden die Gästeankünfte und Übernachtungen in Stadt und Kreis Günzburg nicht genau erfasst. Das ist dann kein Spezifikum dieser Region, sondern liegt an den Meldevoraussetzungen. Die Betreiber einzelner Ferienwohnungen oder Fremdenzimmer sind nicht dazu verpflichtet, monatlich Zahlen zu melden. „Der Sektor unter zehn Betten ist eine Blackbox“, sagt der RMG-Geschäftsführer dazu.
Egermann weiß noch nicht, ob es sich rentiert, alte Berichte seiner Regionalmarketing-Gesellschaft zu korrigieren. Bis Juni 2008, als das weltweit erste Legoland-Feriendorf eröffnet worden ist, habe ja alles gestimmt. Nicht nur Legoland will seinen Besuchern mehr Übernachtungsmöglichkeiten direkt am Freizeitpark bieten, was wahrscheinlich noch mehr Besucher in die Region ziehen dürfte. Mit der Eröffnung des Piratenhotels stehen ohne Campinggelände dann 1984 Betten zur Verfügung, rechnet Feriendorf-Direktor Sichert vor. Die Tourismusinformation wird künftig unabhängig von den Öffnungszeiten (Montag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, ab Juli bis 18 Uhr; Samstag 9 bis 12 Uhr, Sonntag geschlossen) Besuchern Wissenswertes vermitteln. Eine geplante elektronische Infostele im Eingangsbereich soll das rund um die Uhr erledigen. Günzburg und Leipheim wollen touristisch stärker mit Niederstotzigen (Kreis Heidenheim) zusammenarbeiten. Ein gemeinsames Tagestourismuspaket wird ab Juli angeboten. So können Besucher per E-Bike über die Landesgrenze radeln und sich dort den Archäopark anschauen. Kaffee und Kuchen ist auch enthalten. Danach geht’s wieder zurück. Auf Radtourismus setzen die Experten in der Region. Dabei habe das 200-jährige Jubiläum des Fahrrads bei diesem guten Radwegenetz „uns in die Karten gespielt“, sagt Egermann. Schon seit 2002 trägt auch Legoland zum Erfolg bei. »Kommentar