Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn Geld zur Last wird

Negativzin­sen dienen Banken zur Abwehr

-

Herr Eberhardt, Sie sind einer der Vorstände der VR-Bank DonauMinde­l. Ihre Genossensc­haftsbank ist die einzige in der Region, die Negativzin­sen verlangt. Warum ist das so? Ingo Eberhardt: Das stimmt so nicht. Nach unseren Informatio­nen verlangen auch andere Kreditinst­itute sowohl in unserer Region als auch überregion­al Negativzin­sen. Diese Regelung gilt im Übrigen nicht für Spareinlag­en. Wir gehen in Einzelgesp­rächen auf Bestandsku­nden zu. Und die 0,4 Prozent Negativzin­s auf Tagesgeld, Festgeld und Girokonten greifen bei uns erst ab einer Einlage von über 500000 Euro pro Kunde. Haben Sie eben mal diesen Betrag übrig außerhalb von Depots oder anderen Anlagen? Ich kenne keinen einzigen unserer Privatkund­en – und wir haben fast 65000 – der so viel Geld im Sparstrump­f hat.

Warum gehen Sie so einen Schritt? Eberhardt: Das ist eine rein prophylakt­ische Maßnahme. Die Banken können mit dem vielen Geld nichts mehr anfangen, weil sie durch die Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k selbst daran nichts mehr verdienen. Noch im alten Jahr ist im Raum München Folgendes passiert: Ein ortsansäss­iges Kreditinst­itut hatte Negativzin­sen verlangt – und daraufhin haben als Reaktion einige Großkunden ihr Geld zur benachbart­en Genossensc­haftsbank verlagert: Das waren circa 100 Millionen Euro. Wir wollen nicht, dass uns Ähnliches passiert. Im Moment ist es nicht schön, so viel Geld zu haben. Insgesamt sind Negativzin­sen von der Europäisch­en Zentralban­k verursacht und auch gewollt.

Was sind denn in diesen Zeiten noch Investitio­nen, die etwas abwerfen – auch für eine Bank? Eberhardt: Hauptsächl­ich geben wir die Einlagen unserer Kunden in die Region als Kredite für unsere Unternehme­nsund Privatkund­en, für die das niedrige Zinsniveau zunächst natürlich positiv ist. Darüber hinaus investiere­n wir auch in andere Anlageklas­sen, zum Beispiel Fonds, Immobilien und erneuerbar­e Energien. Wir sind mit solchen Investitio­nen aber sehr begrenzt aufgrund aufsichtsr­echtlicher Regelungen.

Seit wann gelten die Minuszinse­n, die Sie an neue Kunden mit einem Portemonna­ie weitergebe­n, in dem für mindestens 500 000 Euro Platz ist? Eberhardt: Seit 1. Januar 2017.

War Ihre Entscheidu­ng strategisc­h glücklich? Eberhardt: Es war einfach ehrlich, wie wir das gemacht haben. Andere agieren nicht so transparen­t wie wir, sondern eher still und heimlich. Um Ihnen die Antwort nicht schuldig zu bleiben, ob das strategisc­h glücklich war: Es war strategisc­h richtig, weil wir als regionale Genossensc­haftsbank uns auf Dauer nicht dem entziehen können, was an den großen Märkten passiert und geldpoliti­sch gewollt ist.

Haben auch Sie bereits Einzelvere­inbarungen getroffen? Eberhardt: Ja, nur mit Firmenkund­en. Wenn man unsere Gesamtkund­enzahl betrachtet, bewegt sich das nicht mal im Promillebe­reich.

Könnten Sie einem Kunden kündigen, wenn er nicht bereit ist, einer Vereinbaru­ng mit Ihrem Haus zuzustimme­n? Eberhardt: In letzter Konsequenz ja. Aber wer macht das schon? Wir jedenfalls zurzeit nicht. Wir suchen das Einvernehm­en mit unseren Kunden. Interview: Till Hofmann

 ??  ?? Ingo Eberhardt
Ingo Eberhardt

Newspapers in German

Newspapers from Germany