Mittelschwaebische Nachrichten
Feinschliff im russischen Disneyland
Das deutsche Team fühlt sich wohl in Sotschi. Manager Oliver Bierhoff plant aber trotzdem, kommendes Jahr bei der WM das Quartier an anderer Stelle aufzuschlagen
Sotschi Es ist schon bizarr. Abgeschirmt von Polizisten hat Bundestrainer Joachim Löw im Disneyland-Ambiente der Olympiastadt Sotschi mit seinem Perspektivkader den geheimen Feinschliff für den ersten Ernstfall beim Confed Cup gestartet. Hinter dem Trainingsplatz rasen Urlauber im angrenzenden Freizeitpark auf der Achterbahn durch Loopings – und im Hintergrund bilden die in Küstennähe aufragenden schneebedeckten Bergkuppen des Kaukasus ein beeindruckendes Panorama.
„Die ersten Eindrücke waren sehr schön“, lobte Teammanager Oliver Bierhoff die russischen Gastgeber. Bei der Arbeit auf dem feinen Rasenplatz neben dem Olympiastadion sind die Nationalspieler aber ganz auf den Fußball konzentriert. Bayern-Profi Joshua Kimmich und der Leverkusener Youngster Julian Brandt äußerten sich bei der ersten Pressekonferenz im Teamhotel „positiv überrascht“über die Bedingungen. „Wir sind eine neue Truppe hier. Aber wir bekommen mit jedem Training und jedem Spiel mehr Sicherheit“, sagte Kimmich. Die rasante Achterbahn im Olympiapark steht dabei sinnbildlich für das Abenteuer, das Löw beim Probeturnier ein Jahr vor der WM in Russland eingeht. Denn das unerfahrene 21-Mann-Aufgebot des Bundestrainers mit nur drei Weltmeistern von Rio 2014 steht vor einer ungewissen Berg-und-Tal-Fahrt, die im Optimalfall am 2. Juli mit dem ersten deutschen Confed-Cup-Gewinn in St. Petersburg enden könnte.
Nach der ersten Nacht in Russland läutete Löw den Countdown für die Partie am Montag (17 Uhr/ ZDF) gegen Australien ein. Etliche Startelfplätze scheinen bereits vergeben. Marc-André ter Stegen dürfte im Tor beginnen. Shkodran Mustafi, Joshua Kimmich und Jonas Hector sind hinten gesetzt. Dazu kommen im Mittelfeld Kapitän Julian Draxler und Leon Goretzka.
Dass der Weltmeister in Sotschi direkt an der Strandpromenade sein Quartier bezogen hat, bleibt auch den Urlaubern nicht verborgen. Ein roter Mannschaftsbus kutschiert die prominenten Gäste aus Deutschland durch die Olympiastadt von 2014 – und das mit der Aufschrift „11 Spieler – 80 Millionen Herzen – die Mannschaft“. Das DFB-Team wird auf allen Wegen streng bewacht. „Wir fühlen uns aber nicht eingeengt“, versicherte Bierhoff.
Bei der WM 2018 wird der Weltmeister sein Basisquartier aber nicht in Sotschi aufschlagen. „Die Tendenz ist, in den Moskauer Raum zu gehen“, sagte Bierhoff. Sotschi sei „einfach zu weit weg“, die Flugwege zu anderen WM-Spielorten zu weit. Das subtropische Klima am Schwarzen Meer ist dagegen angenehm. Und zumindest die jungen Spieler reizt auch mal ein Ausflug in den Vergnügungspark. Aber bis zu fünf Wochen Sotschi 2018? „Es ist nicht mein Geschmack“, sagte Bierhoff ehrlich in der ARD zum Disneyland-Ambiente. (dpa)
Es ist traurig, wenn Visionäre über Jahre für ihre Sache kämpfen, sich darin aber so verlieren, dass andere später die Lorbeeren einheimsen. Steve und Bob sind ein Beispiel dafür, in welch menschliche Tragödien eine solche Obsession führen kann. Die zwei golf-verrückten Männer aus den USA wollten sich ihren großen Traum erfüllen – einen Golfplatz bauen, auf dem einmal das wichtigste Turnier der USA, die Open, stattfinden sollte.
Unglücklich, dass sich Steve und Bob im Jahr 2000 ausgerechnet einen Ort im Nirgendwo dafür ausgesucht hatten; das vor Jahrtausenden von einem Gletscher zerfurchte Hinterland von Wisconsin, knapp 40 Meilen von Milwaukee und 120 Meilen von Chicago entfernt. Die Lage fernab jeglicher Zivilisation machte ihr Vorhaben nicht gerade leichter. Die spießigen Offiziellen bei der amerikanischen Dachorganisation U.S.G.A. konnten und wollten sich einfach nicht vorstellen, dass dort statt Rinderherden einmal Profi-Golfer über die Lande ziehen würden.
Die beiden Visionäre dagegen schon. Sie nannten ihren Platz Erin
Die Achterbahn steht sinnbildlich für das Turnier
Hills und formten ihn nach ihren Wünschen. Steve tüftelte jahrelang am Fairway-Verlauf, Bob steuerte Millionen von Dollars bei, die er durch den Verkauf von Glückwunschkarten und Kalender eingenommen hatte. Wenn es ihm mit dem Bau des Platzes mal nicht schnell genug ging, setzte er sich auf den Traktor und fräste die Sandbunker höchstpersönlich aus dem Boden. Er kaufte zwei Farmhäuser auf und machte sie platt, weil sie die gute Sicht versperrten.
So nahm die Vision von einem einzigartigen Golfplatz in Wisconsin Gestalt an. Und tatsächlich ließen sich die Offiziellen überzeugen. 2010 verkündeten sie die Austragung der US Open 2017 in Erin Hills. Seit Donnerstag sind tatsächlich die besten Spieler der Welt auf den einstigen Rinderwegen von Wisconsin unterwegs.
Doch Steve und Bob können ihren Traum nicht mehr genießen. Bob hatte sich in seiner Perfektion finanziell so übernommen, dass er die gesamte Anlage 2010 verkaufen musste. Just an dem Tag, an dem die Entscheidung fiel, dort die US Open auszutragen. Dem Turnier kann der heute 72-Jährige aber zumindest noch als gewöhnlicher Zuschauer beiwohnen.
Dieses Glück ist Steve nicht vergönnt. Er wird diesem Ereignis, dem er so lang entgegengefiebert hat, gänzlich fernbleiben. Er sitzt im Gefängnis. Durch seine Besessenheit für den Golfplatzbau hat er sein Privatleben vernachlässigt. Seine Frau wollte sich von ihm trennen. Am 4. Januar 2006 – acht Monate vor der Eröffnung von Erin Hills – erdrosselt der Golf-Visionär seine Frau, die Mutter seiner zwei Kinder. Er wird zu einer Haftstrafe von 35 Jahren verurteilt. Das Lob für den außergewöhnlichen Golfplatz in Erin Hills heimsen heute andere ein.