Mittelschwaebische Nachrichten
Kohls Auftritte in der Region sind unvergessen
Rückblick Der verstorbene ehemalige Bundeskanzler war 2002 in Krumbach und 1989 in Günzburg zu Gast
Krumbach Altkanzler Helmut Kohl gestorben – als diese Nachricht bekannt wurde, dachten viele Menschen in Krumbach und Umgebung auch an seinen Auftritt Ende September 2002 im Krumbacher Festzelt. Nach 30 Jahren verabschiedete sich Theo Waigel aus dem Bundestag. Zum Festakt nach Krumbach war auch Helmut Kohl gekommen. Es waren damals keine leichten Zeiten für Kohl. Die bewegten Momente, als es um die deutsche Einheit ging, lagen schon einige Jahre zurück. Die Öffentlichkeit debattierte heftig über die CDU-Parteispendenpraxis. Wie gut der Auftritt in Krumbach Kohl tat, brachte eine Besucherin auf den Punkt: „Er ist wirklich ergriffen.“Als der langjährige Kanzler seine Rede beendet hatte, jubelten im Festzelt rund 2000 Menschen.
Während der Veranstaltung hatte sich Kohl im Beisein des damaligen Bürgermeisters Willy Rothermel auch in das Goldene Buch der Stadt Krumbach eingetragen. Und so mancher Gast im Festzelt konnte die Hand des ehemaligen Bundeskanzlers schütteln. Unter ihnen war beispielsweise Jakob Reinartz, der für die Veranstaltung das Ochsenfleisch zubereitete.
Die Freundschaft, die sich zwischen Kohl und Dr. Theo Waigel (von 1989 bis 1998 Bundesfinanzminister) entwickelt hat, kam an diesem denkwürdigen Krumbacher Abend immer wieder zum Ausdruck. Kohl und Waigel ließen den Kontakt danach nicht abbrechen. Seinen 84. Geburtstag feierte der Kanzler der Einheit, der auf Reha am Tegernsee war, mit seiner Frau Maike Kohl-Richter, bei den Waigels in Seeg (Ostallgäu). Dreimal habe Helmut Kohl das DominikusRingeisen-Werk in Ursberg besucht. Ihm seien die Menschen wichtig gewesen – gerade auch die, die es nicht leicht im Leben hatten. Leicht waren auch die durch Krankheit geprägten letzten Jahre Kohls nicht. Theo Waigel, war, wie er am Freitagabend im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte, vom Tod seines Freundes nicht wirklich überrascht. Kohls Frau hatte vor einigen Tagen angerufen und mitgeteilt, dass es nicht gut um den 87-Jährigen steht.
Bereits im Jahr 1989 hatte es in Günzburg einen denkwürdigen Besuch von Helmut Kohl gegeben. Damals war er mit Frankreichs Staatspräsident Francois Mitterrand zu Gast. Für Waigel waren es bewegte Lebensmomente. „Auf dem Flug von Bonn nach Leipheim hat mir Helmut Kohl das Amt des Finanzministers angeboten“, erinnert er sich. Zweieinhalb Wochen später wurde der „Bub aus Oberrohr“der Nachfolger Gerhard Stoltenbergs und gehörte drei Kohl-Kabinetten an – bis zum Jahr 1998. Mehrere Tausend Besucher bereiteten den Gästen dann einen begeisterten Empfang. In Günzburg trugen sich Mitterrand und Kohl in die Goldenen Bücher von Stadt und Kreis ein. Und am Rande gab es noch eine launige Episode. Günzburgs Oberbürgermeister Dr. Rudolf Köppler erinnerte Mitterrand daran, dass 1805 Kaiser Napoleon nach seinem Sieg über die Österreicher in Günzburg Quartier genommen hatte – aber seine Zeche nicht gezahlt hatte. Mitterrand antwortete mit einer Bemerkung, dass er als zweiter französischer Staatschef, der Günzburg besuche, die Zeche des Kaisers begleichen werde – mit einer Goldmünze, die zur 200-Jahr-Feier der Französischen Revolution geprägt worden war. „Große Geschichte“: Das ist manchmal schnell klischeehaft dahingesagt. Doch bei den Besuchen Kohls in der Region hatten viele das Gefühl, dieser „großen Geschichte“zu begegnen.