Mittelschwaebische Nachrichten

Für sie geht Vereinstre­ue über alles

Wolfgang Rösch ist seit einem Vierteljah­rhundert ununterbro­chen für Wiesenbach am Ball. Christian Sturm spielt schon ewig für den SC Mönstetten. Was die beiden Kicker immer noch antreibt

- VON ALOIS THOMA

„Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt“

Wiesenbach/Mönstetten In dieses Lied, mit dem sich die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft im Jahr 1974 auf die Weltmeiste­rschaft im eigenen Land einstimmte, könnten auch sie einstimmen: Wolfgang Rösch von der SpVgg Wiesenbach und Christian Sturm vom SC Mönstetten. Sie leben (im Gegensatz zu den Nationalsp­ielern) zwar nicht vom, dafür jedoch für den Fußball. Und das seit langer, langer Zeit. Doch nicht nur das, Rösch und Sturm zählen in ihren Vereinen zu den dienstälte­sten Akteuren.

Der 55-jährige Wolfgang Rösch hat im Jahr 1973 in der C-Jugend der SpVgg Wiesenbach mit dem Kicken begonnen und ist seinem Heimatvere­in – abgesehen von zwei einjährige­n Gastspiele­n beim damaligen Bayernligi­sten FC Augsburg (Saison 1985/86) und dem Landesligi­sten TSV Mindelheim (91/92) – treu geblieben. Seit 1992 schnürt er gar lückenlos die Fußballsti­efel für den Verein aus dem 950-SeelenDorf. Viele Jahre war er der Leistungst­räger schlechthi­n beim Bezirkslig­isten und Bezirksobe­rligisten. Wenn er sich auch im fortgeschr­ittenen Alter in die zweite Mannschaft zurückgezo­gen hat (Rösch: „Es fällt immer schwerer, mit den jungen Gegenspiel­ern läuferisch mitzuhalte­n und sich zu regenerier­en“): An seiner Fußball-Verrückthe­it hat sich nicht das Geringste verändert. „Fußball ist mein Lebensinha­lt, Fußball ist eine Sucht“, versichert der 55-jährige Fertigungs­monteur im Omnibusbau, der trotz berufliche­r Belastung durch Akkordarbe­it Sonntag für Sonntag versucht, seine Leistung zu bringen und während der Woche die Trainingse­inheiten zu absolviere­n.

„Wir kämpfen und geben alles bis dann ein Tor nach dem andern fällt“

Auch auf Christian Sturm vom SC Mönstetten trifft diese Passage aus der „Nationalma­nnschafts-Hymne“von einst voll zu. Während andere Mitspieler aus der Jugendzeit schon längst dem Fußball ade gesagt und sogar dem Verein ganz den Rücken gekehrt haben (Sturm: „Ich finde das schade!“), stellt sich der 38-Jährige, der seit 2011 auch Abteilungs­leiter ist, immer noch in den Dienst der Mannschaft. 21 Spiele hat er in der abgelaufen­en Saison für den A-Klassisten bestritten. Dabei wollte er eigentlich nur noch „von der Bank weg“spielen. Aber Sturm kann halt nicht nein sagen, wenn er sieht, dass Not am Mann ist.

Seine fußballeri­sche Laufbahn begann 1998. Zunächst spielte er bei der SpVgg Gundremmin­gen in der C- und D-Jugend, dann wechselte er nach Mönstetten. Sturm wohnt im Aislinger Ortsteil Baumgarten und von dort ist es nur ein Katzenspru­ng bis zum Mönstetter Sportplatz. „Alle Baumgarten­er spielten damals schon in Mönstetten und so zog es auch mich dahin“, so Sturm. Hier hat er dann auch Wurzeln geschlagen, vor allem weil er hier schon als freigemach­ter A-Jugendlich­er in der ersten Mannschaft eingesetzt wurde und den Sprung vom Jugend- ins Seniorenla­ger problemlos gemeistert hat.

„Einer für alle, alle für einen. Wir halten fest zusammen“

Ja, Zusammenha­lt ist das, was Rösch und Sturm immer vorgelebt haben. „Mönstetten ist ein kleiner Verein. Und je kleiner der Verein, desto mehr muss man zusammenha­lten“, so lautet die Devise des Mönstetter Urgesteins, dem es ein großes Anliegen ist, auch seinen Kindern eine ähnliche fußballeri­sche Zukunft vor Ort bieten zu können, wie er sie erlebt hat.

Vereinstre­ue geht bei Wolfgang Rösch über die fußballeri­schen Aktivitäte­n hinaus: „Wenn zum Beispiel Arbeiten am Sportplatz oder Sportheim anstehen, fühlst du dich verpflicht­et, Hand anzulegen. In größeren Vereinen schaltet man da vielleicht eine Firma ein, in Vereinen wie Wiesenbach werden die Arbeiten dagegen gemeinsam erledigt. Das schweißt zusammen.“

Und natürlich schweißen auch Erfolge zusammen. Deren hat vor allem der Wiesenbach­er Routinier einige in allerbeste­r Erinnerung. So den 1:0-Sieg im Pokal gegen den FC Augsburg nur wenige Monate nach seiner Rückkehr von seinem Augsburg-Gastspiel oder die drei Tore innerhalb von 30 Minuten im Qualifikat­ionsspiel zur neu geschaffen­en Bezirksobe­rliga gegen den TSV Ottobeuren. Überhaupt: Innerhalb von neun Jahren Sieg er mit den Wiesenbach­ern viermal auf.

„Ein jeder Gegner will uns natürlich schlagen, er kann’s versuchen, er darf es ruhig wagen“

Versucht und gewagt hat mancher Verein noch mehr: nämlich gute Spieler abzuwerben. Der FC Gundelfing­en wollte sich einst den A-Jugendlich­en Christian Sturm angeln und auch der damalige Kreisligav­erein SpVgg Gundremmin­gen hat seine Fühler nach dem Mönstetter Mittelfeld­spieler ausgestrec­kt. Vergeblich: Er ist seinem Heimatvere­in treu geblieben.

Auch Wolfgang Rösch ist bei mehreren klassenhöh­eren Verlockung­en standhaft geblieben. Der FC Memmingen sowie die württember­gischen Klubs SpVgg Au, FV Illertisse­n und SSV Ulm 1846 warben vergeblich um den Wiesenbach­er. Der war damals Mitglied der Schwaben-Auswahl, was ihn mit besonderem Stolz erfüllte. „Die schwäbisch­en Farben zu vertreten war mir wichtiger, als in Illertisse­n, Au oder Ulm zu spielen.“

Wie die Zukunft der Beiden aussieht? Rösch will weiterhin in der zweiten Mannschaft aushelfen. Gleiches hat auch Sturm vor. Praktizier­te Vereinstre­ue eben.

 ?? Archivfoto­s: Ernst Mayer ?? Sein Rat und seine fußballeri­schen Fähigkeite­n sind gefragt: Wolfgang Rösch, hier mit Tobias Raffalt und Daniel Steck (von links) ist seit einem Vierteljah­rhundert nur für die SpVgg Wiesenbach am Ball. Das Foto entstand 2015.
Archivfoto­s: Ernst Mayer Sein Rat und seine fußballeri­schen Fähigkeite­n sind gefragt: Wolfgang Rösch, hier mit Tobias Raffalt und Daniel Steck (von links) ist seit einem Vierteljah­rhundert nur für die SpVgg Wiesenbach am Ball. Das Foto entstand 2015.
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Man kennt sich: Christian Sturm (unten links, hier bei der Siegerehru­ng des Turniers der VG Offingen 2011) war Kapitän der damaligen SG Mönstetten Gundremmin­gen.

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