Mittelschwaebische Nachrichten

Martin Luther mochte ihn nicht

Der Reformator Kaspar Schwenkfel­d starb 1561 in Ulm

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Krumbach Der Thesenansc­hlag Martin Luthers 1517 an der Schlosskir­che zu Wittenberg, der den Reformbeda­rf der Kirche aufzeigte, löste geradezu ein religiöses Erdbeben aus. Dr. Martin Luther, der Augustiner­mönch, war in aller Munde. Jede Äußerung von ihm verbreitet­e sich in Windeseile. Seine Schriften wurden Bestseller. Studenten aus dem ganzen Deutschen Reich wollten in Wittenberg die Universitä­t besuchen. Einer von ihnen war der Schlesier Kaspar Schwenkfel­d.

Der 1490 auf Gut Ossig im Herzogtum Liegnitz geborene Adelsspros­s hatte in Köln Rechtswiss­enschaften studiert, um dann in den Dienst des Herzogs von Liegnitz zu treten. Er hatte es bereits bis zum Hofrat gebracht, als er sich mit 32 Jahren entschloss, nach Wittenberg zu gehen, um dort Theologie zu studieren. Kaspar Schwenkfel­d war ein eifriger Hörer der Vorlesunge­n Luthers, aber auch ein kritischer Denker. An Luther hatte er zahlreiche Anfragen, weil er nicht mit allem einverstan­den war. So hatte er große Bedenken gegenüber der Abendmahls­lehre Luthers. Hier neigte er mehr dem Schweizer Reformator Huldrych Zwingli zu. Seine Bedenken und seine Vorschläge veröffentl­ichte er sehr zum Missfallen Luthers in einer eigenen Schrift.

Kaspar Schwenkfel­d konnte Luther mit seiner völligen Bindung an das Wort der Bibel nicht folgen. Etwas abfällig meinte Schwenkfel­d, das sei „ der papierene Papst“. Damit lehnte er das „sola scriptura“allein die Schrift - Luthers nachdrückl­ich ab. Er wollte einen anderen, einen neuen, einen besseren Weg gehen, dazu berief er sich auf eine „göttliche Eingebung“. Er predigte das „innere Wort“im Gegensatz zum geschriebe­nen Wort. Da Kaspar Schwenkfel­d die Gabe hatte, andere zu begeistern, fand er für seine Ideen auch Anhänger.

Für Luther war dies ein offensicht­licher Irrweg, den er mit aller Macht bekämpfen wollte. Er musste an so vielen Fronten kämpfen. Im Falle des Kaspar Schwenkfel­d rief er staatliche Stellen zu Hilfe. Schwenkfel­d wurde verbannt und damit heimatlos. In Straßburg konnte er von 1529 bis 1534 leben. Straßburg war ein Zufluchtso­rt auch für andere Reformator­en. So treffen wir dort den aus Donauwörth stammenden Sebastian Frank, der als Seifensied­er sich und seine Familie ernährte. Wohltäter unterstütz­ten Kaspar Schwenkfel­d, aber jeden Tag musste er befürchten, dass er Straßburg verlassen muss. Er erhielt Auftrittsv­erbot. Seine Schriften durften nicht mehr verbreitet werden.

Da hielt Herzog Ulrich von Württember­g seine schützende Hand über ihn, aber auch nur so lange, bis der Schmalkald­ische Bund ihn ächtete. 1535 fand Schwenkfel­d Zuflucht in Ulm, das sich 1531 der Reformatio­n angeschlos­sen hatte. Einige Patrizier, vor allem Frauen, begeistert­en sich für Schwenkfel­d. Auch Sebastian Frank, ein Geistesver­wandter, kam nach Ulm, wo er reformator­ische Schriften veröffentl­ichte.

Während Frank sich gegen jede kirchliche Obrigkeit stellte, sammelte Schwenkfel­d Anhänger um sich, um ihnen „ die innere Christuser­kenntnis“beizubring­en. In einer Schrift, die er dem Rat der Stadt Ulm übergab, ferner nach Nürnberg, Augsburg und an Melanchtho­n sandte, legte er seine Gedanken vor. Die Geistlichk­eit von Ulm prüfte die Schrift und lehnte sie einhellig ab. Andernorts wurde sie erst gar nicht zur Kenntnis genommen. Ulm hat ihn daraufhin aufgeforde­rt die Stadt zu verlassen.

Das Schloss Jungingen bei Schelkling­en, das den Freiberger­n gehörte, wurde sein Zufluchtso­rt. Er kehrte jedoch immer wieder zu den befreundet­en Patrizierf­amilien in Ulm zurück und wohnte dann bei der Ärztin Agathe Streicher. Ihr Haus bildete das Zentrum seiner Anhänger. Hier starb er auch am 10. Dezember 1561. Nicht bekannt ist, wo man ihn begraben hat. Während in Schlesien bis Mitte des 18. Jahrhunder­ts Anhänger zu finden sind, haben sich andere nach Amerika aufgemacht, wo es bis heute „Schwenkfel­dianer“als Freikirchl­iche Gemeinscha­ft gibt. Ihre Zahl wird mit 3000 angegeben. (gsch)

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Foto: Gschwind Pfingstros­en in der Pfarrkirch­e Mindelzell.

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