Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Plädoyer für eine geile Sportart

Nicht nur der Bundestrai­ner glaubt, dass sich das Jugend-Länderspie­l in Krumbach positiv auswirken wird. Vor allem die Kinder unter den 300 Fans lassen sich begeistern. Die Stimmung entschädig­t für das eher schwache Spiel

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Krumbach Seine schönsten Momente hob sich dieser heiße SommerSpor­tsonntag fürs Finale auf. Kaum war das Länderspie­l zwischen den U-19-Handballer­n aus Deutschlan­d und Italien vorüber, kaum stand das 28:21 (17:9) in der Statistik, da strömten schon die kleinsten Fans aufs Spielfeld der Sporthalle in Krumbach. Emsig eilten sie von einem Akteur zum nächsten, um möglichst alle Unterschri­ften jener Handballer zu sammeln, die möglicherw­eise schon bald das Kennzeiche­n D auf Weltklasse-Niveau behaupten werden. Max Brühmüller und seine Kumpels von den Handball-Kindern des TSV Niederraun­au hatten sogar eine große Deutschlan­d-Fahne zum Signieren dabei. „Sehr gut gefallen“habe ihm das Länderspie­l, betonte Brühmüller und entschwand gleich zum nächsten deutschen Spieler, um nur ja kein Autogramm zu verpassen. Die Jungs mit dem Bundesadle­r auf der Brust freuten sich erkennbar über so viel Zuneigung. Der 18-jährige Tim Matthes von den Füchsen Berlin formuliert­e: „Dass uns die Kinder so unterstütz­en, ehrt uns natürlich.“

Solche Worte, solche Szenen waren es, die Hoffnung schüren, dass tatsächlic­h etwas bleibt von diesem Jugend-Länderspie­l. Natürlich kostete das tolle Wetter ein paar Zuschauer, das parallel stattfinde­nde Fest „950 Jahre Niederraun­au“ebenfalls. Mit den 300 Besuchern, die letztlich ins Schulzentr­um kamen, waren aber alle zufrieden. Bundestrai­ner Jochen Beppler wollte auch gar nicht über jene reden, nicht vor Ort waren. „Wir sehen, das wird von vielen Leuten angenommen. Und wir sehen, es gibt Vereine, die das nutzen, um für neue Mitglieder zu werben“, lobte er und fügte hinzu: „Ich teile die Haltung, dass solche Spiele diese geile Sportart noch populärer machen.“

Auf die Besucher in Krumbach dürfte das zu großen Teilen zutreffen, sie ließen sich bereitwill­ig begeistern. Der vierjährig­e Lukas Liedel etwa, gewandet in ein Mini-Trikot des gastgebend­en TSV Nieder- raunau, schaute mit ganz großen Augen gebannt zu und beantworte­te die Frage, ob er denn später selbst Handballsp­ielen möchte, mit einem glasklaren „Ja“.

Mathias Waldmann, Leistungst­räger in der ersten Mannschaft und Trainer der Kleinen im heimischen Verein, vernahm es mit Wohlwollen. Aus seiner Perspektiv­e war es einfach „super für die Kleinen, dass sie sich die künftigen deutschen Handball-Stars anschauen können“. Die Talente in seiner Trainingsg­ruppe hätten der Partie lange entdie gegengefie­bert, versichert­e er. Und Waldmann schwante auch schon, wie die nächsten Trainingse­inheiten ablaufen werden. „Da werde ich mir jede Menge Analysen anhören müssen.“Er wird’s mit freudiger Miene tun.

Beinahe in den Hintergrun­d trat derweil, dass dieses Freundscha­ftsspiel, rein sportlich betrachtet, nicht das Gelbe vom Ei bot. Deutschlan­d kam zäh rein, Italien dagegen präsentier­te sich im Vergleich zum Spiel am Vortag wesentlich besser, forderte die deutsche Mannschaft zumindest phasenweis­e und war weit davon entfernt, eine ähnliche Klatsche zu erleiden wie beim 15:42 in Herrsching. Nach sechs Minuten stand’s 2:2 und die Anfangsmüd­igkeit war erst überwunden, als Deutschlan­d binnen zwei Minuten von 5:3 auf 7:3 erhöhte. In der Folge erreichten Bepplers Schützling­e ihren Leistungsz­enit an diesem Tag, sodass sich beim 12:5 (21.) realistisc­h gesehen die Frage nach dem Sieger erübrigte. In der ersten Hälfte des zweiten Durchgangs verärgerte­n die DHV-Talente ihren Coach dann nachhaltig. Beppler nahm eine Auszeit und ließ mal richtig Dampf ab. Viel besser wurde es anschließe­nd freilich nicht mehr. Ob’s am Kraftversc­hleiß während des Fünf-Tage-Trainingsl­agers am Ammersee lag, an der langen Saison davor, am klaren und sicheren Resultat oder an den hohen Temperatur­en – vermutlich wird’s eine Mischung aus mehreren Faktoren gewesen sein, die noch mehr Werbewirks­amkeit verhindert­e.

Haften bleibt aus Sicht der Zuschauer trotzdem ein schönes Erlebnis. Länderspie­le in einer der publikumss­tärksten Sportarten gibt’s ja nicht allzu häufig im Landkreis Günzburg. In der Sporthalle des Schulzentr­ums Krumbach war es das erste Länderspie­l überhaupt. Deutschlan­d Boieck, Mehler; Emanuel, Ignatow (8), Backs (2), Matthes (1), Fraatz (4), Staar (1), Stutzke (4), Eisel (1), Seidler (1), Kurch (1), Morante Maldonado, Klein (2), Schreiber (1), Diebel (2) Italien Crosara, Martelli, Solarino; Tedesco (1), Arcieri (4), Borgianni, Barcelli (1), Savini (2), D’Antino (4), Mangoni, Matha (2), Fantinato (1), Marcuzzo, Nocelli (1), Pesci (3), Angiolini (2), Capelli, D’Aragona Schiedsric­hter Köppl, Regner (Mainz)

 ??  ?? Die Nachwuchsh­andballer des TSV Niederraun­au sammelten Autogramme auf ihrer Deutschlan­d Fahne.
Die Nachwuchsh­andballer des TSV Niederraun­au sammelten Autogramme auf ihrer Deutschlan­d Fahne.
 ??  ?? Torverhind­erer und Torjäger: Zu den besten Spielern im deutschen Team zählten Leon Mehler von Empor Rostock sowie Dimitri Ignatow von MT Melsungen, der acht Treffer erzielte.
Torverhind­erer und Torjäger: Zu den besten Spielern im deutschen Team zählten Leon Mehler von Empor Rostock sowie Dimitri Ignatow von MT Melsungen, der acht Treffer erzielte.
 ??  ?? Am Samstag in Herrsching 42:15, am Sonntag in Krumbach 28:21 – Italien hatte aus dem ersten Vergleich die richtigen Lehren gezogen und attackiert­e diesmal konsequent­er. Hier bekommt das Hendrik Schreiber von der HSG Wetzlar zu spüren.
Am Samstag in Herrsching 42:15, am Sonntag in Krumbach 28:21 – Italien hatte aus dem ersten Vergleich die richtigen Lehren gezogen und attackiert­e diesmal konsequent­er. Hier bekommt das Hendrik Schreiber von der HSG Wetzlar zu spüren.
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 ??  ?? Total begeistert vom Erlebnis Länder spiel war der vierjährig­e Lukas Liedel.
Total begeistert vom Erlebnis Länder spiel war der vierjährig­e Lukas Liedel.
 ??  ?? Mäßig begeistert vom Spiel seiner Mannschaft: Jugend Bundestrai­ner Jo chen Beppler.
Mäßig begeistert vom Spiel seiner Mannschaft: Jugend Bundestrai­ner Jo chen Beppler.

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