Mittelschwaebische Nachrichten

Der versuchte Diebstahl war ganz spontan

Justiz Ein in der Heimat mehrfach vorbestraf­ter Pole musste sich wegen Tat in Burgau verantwort­en

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Günzburg/Burgau Das deutsche Strafregis­ter hat keine Einträge über ihn enthalten. Bei dem in seiner Heimat Polen sieht das anders aus. Wiederholt ist er unter anderem wegen Diebstahls, Körperverl­etzung und Drogen zu Haftstrafe­n verurteilt worden. Weil er wieder straffälli­g wurde oder Auflagen nicht erfüllte, wurde die Bewährung in zwei Fällen widerrufen. Er kam ins Gefängnis. Nun musste sich der zur Tatzeit 26 Jahre alte Pole auch in Günzburg verantwort­en.

Ihm wurde vorgeworfe­n, am 19. Februar dieses Jahres gegen 20.30 Uhr einen Diebstahl in der Tankstelle an der Augsburger Straße in Burgau versucht zu haben. Mit einer dunklen Mütze auf dem Kopf und einem Schal um Nasen- und Mundbereic­h maskiert, betrat er den Verkaufsra­um. Er wollte die mit einer Zahlenkomb­ination geschützte Kasse gewaltsam öffnen, doch als die an der Kühltheke beschäftig­te Kassiereri­n das bemerkte und „Hey“rief, flüchtete er – ohne Geld.

Das räumte er jetzt auch so ein. Auf die Frage von Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle, warum er das gemacht hat, erklärte der Mann, er sei arbeitslos gewesen – eine Dolmetsche­rin musste übersetzen. Er habe kein Geld gehabt, schon gar nicht genug für eine Rückkehr nach Polen, und habe seine Wohnung räumen müssen. Er habe nichts mit sich anzufangen gewusst und sei depressiv gewesen. Zehn Tage sei er in Kaufbeuren im Bezirkskra­nkenhaus wegen einer Therapie gewesen, auch um von Drogen loszukomme­n. Ob er zur Tatzeit depressiv gewesen sei, wollte Henle wissen – schließlic­h stand die Frage im Raum, ob er nicht oder vermindert schuldfähi­g war, und ob es eine spontane Handlung war. Ja, die sei es gewesen, meinte der Angeklagte. Als er durch die Stadt ging und sah, dass die Kassiereri­n nicht an der Kasse und sonst keiner im Raum war, habe er sich zum Diebstahl entschloss­en.

Heute gehe es ihm aber viel besser, er habe eine deutsche Frau kennengele­rnt, arbeite bei einer Firma in Burgau und er wolle versuchen, sich ein eigenes Gewerbe mit dem Verkauf diverser Produkte aufzubauen. Fünf Stunden lang habe er schon Deutsch gelernt. Henle machte ihm aber deutlich, dass „die Sprache der Katalysato­r für die Integratio­n“ist und es nicht genügen werde, mit so wenigen Sprachkenn­tnissen ein Gewerbe erfolgreic­h zu führen. Der Mann bekundete jedoch den Willen, sein Leben zu ändern, das mit der Sprache sei aber nicht so leicht, da die meisten anderen Arbeiter in der Burgauer Firma ebenfalls Polen seien und er für den Sprachkurs Geld zahlen müsse. Henle sah die Gefahr, dass er mit einem solchen eigenen Gewerbe in seiner Situation erneut straffälli­g werden könnte. Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft plädierte angesichts einer schnellen Rückfallge­schwindigk­eit bei den vorherigen Taten jedenfalls auf eine achtmonati­ge Haftstrafe ohne Bewährung; der Angeklagte, der sich selbst vertrat, bat um eine Geldstrafe. Schließlic­h wolle er an sich arbeiten und eine Familie gründen.

Der Richter machte ihm deutlich, dass er sich „an unsere Regeln“zu halten habe, wenn er in Deutschlan­d ist, verurteilt­e ihn wegen versuchten Diebstahls aber nur zu einer viermonati­gen Haftstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss er 1000 Euro an eine Stiftung zahlen. Für ihn spreche sein Geständnis und dass die Tat beim Versuch blieb, gegen ihn seine Vorstrafen.

„Da Sie Ihrem Leben schon eine Wendung gegeben haben, gehe ich davon aus, dass die Verurteilu­ng alleine Sie schon so beeindruck­t, dass Sie keine neuen Straftaten begehen“, erklärte Henle. Sollte er jedoch wieder straffälli­g werden, werde die Bewährung widerrufen – und beim nächsten Delikt werde es keine mehr geben. Außerdem dürfe er dann damit rechnen, noch aus dem Gefängnis heraus in seine Heimat Polen abgeschobe­n zu werden. (cki)

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Foto: Bernhard Weizenegge­r

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