Mittelschwaebische Nachrichten
Höhenflug und harte Landung
Nach einer Kampfansage verschuldet Torwart Bernd Leno gegen Australien beide Gegentore. Der beste Mann auf dem Platz profitiert von einer umgestellten Ernährung
Augsburg Die Wahl der Fans fiel auf Kapitän Julian Draxler. Ihn bestimmten sie zum Mann des Spiels zwischen Australien und Deutschland. Dabei prägten zwei andere deutsche Fußballer die Partie: der starke Mittelfeldspieler Leon Goretzka und Torwart Bernd Leno, der gleich zweimal patzte.
Der Leverkusener Schlussmann bezeichnete das erste Gegentor als „unglücklich“: Ein Schuss des Australiers Tommy Rogic war unter Lenos Armen ins Tor gerutscht (41.). Noch eindeutiger war der Fehler in der zweiten Halbzeit. Der Torhüter ließ den Ball abprallen, den Tomi Juric mit der Brust aufs Tor gelenkt hatte. Der Stürmer staubte zum 2:3 ab (56.). Er hätte „den Ball festhalten müssen, klar“, räumte Leno ein. Für ihn war es möglicherweise der letzte Auftritt im Turnier, auch wenn Bundestrainer Joachim Löw die Fehlgriffe nicht zu hoch hängen wollte. „Trotz allem ist er ein sehr guter Torwart. Er hat vielleicht mal einen Fehler gemacht, aber das ist für mich kein Problem“, sagte Löw.
In der zweiten Partie gegen Chile am Donnerstag (20 Uhr/ARD) soll wohl Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona Gegentreffer verhindern, für das letzte Vorrundenspiel und mögliche weitere Auftritte im Confed Cup sind noch keine Entscheidungen Löws bekannt.
Gleichwohl könnte das Turnier eine Entscheidung bringen: Wer im kommenden Jahr als erster Stellvertreter von Bayern-Torwart Manuel Neuer zur WM nach Russland reisen darf. Leno hat diesen Wettstreit selbst öffentlich ausgerufen: „Manu ist die Nummer eins, das ist klar. Dahinter ist der Kampf eröffnet“, hatte er vor dem Australien-Spiel gesagt. Auf die Kampfansage folgte ein denkbar unglücklicher Auftritt.
Noch mehr Konkurrenz als Bernd Leno hat Leon Goretzka vor sich. Im zentralen Mittelfeld der deutschen Nationalmannschaft sind üblicherweise Stars wie Toni Kroos oder Sami Khedira gesetzt. An ihrer Stelle spielte sich Goretzka beim Confed Cup in den Vordergrund. Der Schalker schoss sein erstes Tor im DFB-Trikot, holte den von Draxler verwandelten Elfmeter heraus und leitete das 1:0 durch Lars Stindl ein. „Er hat Zweikämpfe gewonnen in der Defensive. Und was er wirklich überragend gut macht, sind die Läufe in die Tiefe aus dem Mittelfeld. Das macht ihn so gefährlich“, lobte Bundestrainer Löw.
Der 22-jährige Goretzka debütierte bereits vor rund drei Jahren in der Nationalelf und absolvierte gegen Australien sein sechstes Länderspiel. Aufmerksamkeit hat der Mittelfeldspieler bereits davor auf sich gezogen. Zwischenzeitlich kursierten Gerüchte über einen Wechsel zum FC Bayern im Sommer, zuletzt war davon nichts mehr zu hören.
Bei Schalke 04 zeigte Goretzka in der vergangenen Spielzeit konstant gute Leistungen, während die Mannschaft reichlich wechselhaft auftrat. Vor kurzem verriet der gebürtige Bochumer in einem Interview seine Erklärung für die Stabilität: Nachdem ein Spezialist vor der Saison eine chronische Darmentzündung diagnostizierte, stellte Goretzka seine Ernährung um. Seitdem er auf Gluten, Kuhmilch, Schweinefleisch und Nüsse verzichte, erhole er sich nach Spielen viel schneller. „Wenn man nicht ständig darauf achten muss, gesund zu werden, kann man daran arbeiten, besser zu werden“, sagte Goretzka. (mit dpa)
CONFED CUP IN RUSSLAND
Es waren harte Zeiten. Spätestens im September drohte Ähnliches wie die Apokalypse. Als die handgeschriebenen Zeilen auf dem Küchentisch lagen, war der Kloß im Hals so dick, dass man daran zu ersticken drohte. Man wusste, es ist wieder so weit. Tante Maria und Onkel Kurt hatten ihren AugustUrlaub wie jedes Jahr an der Nordsee verbracht und zur Freude (fast) aller jede Menge Fotos geknipst und jetzt ihre Einladungen verschickt. Skandalös dabei, dass diese ganze Chose am späten Sonntagnachmittag begann. Ausgerechnet dann, als Pa, Little Joe, Adam und Hoss in Schwarz-Weiß über den Bildschirm ritten. Ja, zugegeben – man wünschte Tante und Onkel die Pest an den Hals. Zumal man für dieses Event noch zusätzlich rausgeputzt werden musste. Was man dann zu Gesicht bekam, war die Hölle. Onkel Kurt, der von seiner roten Luftmatratze seine Plauze in Richtung Sonne streckte, und Tante Maria, die mit irgendeinem Urlaubsehepaar posierte, das man dort kennengelernt hat. Super!
Aus rein biologischen Gründen (also altersmäßig) war zumindest in späteren Jahren die Anwesenheit nicht mehr dringend erwünscht. Zumal man bei früheren Besuchen wahrscheinlich auch an den Gesichtszügen erkennen konnte, dass die Begeisterung gegen null tendierte. Die Phobie gegen Urlaubsbilder ist geblieben. Beruflich dachte man nicht daran, als Sportredakteur groß mit solchen konfrontiert zu werden.
Doch dann kamen das Internet und der Schrecken zurück: Twitter, Instagram oder Facebook. Und zwecks Fußball-Recherche ist man ja auch mal gezwungen, da reinzuschauen. Na ja, ist ja schön, wenn der englische Stürmer Peter Crouch eine Giraffe füttert. Aber interessiert das, wenn Mats Hummels auf seiner Liege eine Kokosmilch schlürft, Robert Lewandowski irgendwo am Pool rumlungert oder Karim Bellarabi und Kevin Kampl in eine Kamera grinsen?
Die Welt nach Tante Maria und Onkel Kurt ist nicht besser geworden. Eigentlich alles wie immer. Wird höchste Eisenbahn, dass wieder trainiert wird und dieser ganze Unfug endlich aufhört.