Mittelschwaebische Nachrichten

Stammtisch

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Zum Bericht „Im Netz wird auf Stamm tischnivea­u geschriebe­n“: Ich zitiere Frau Richterin Franziska Braun: „Ein Professor im Studium sagte einmal, Recht hat mit Gerechtigk­eit nichts zu tun.“Dem Professor, der so etwas sagte, muss selbstvers­tändlich – vorausgese­tzt, er hat es ernst gemeint – widersproc­hen werden. Wie es keine Psychologi­e ohne Seele und keine Theologie ohne Gott geben kann, kann es auch kein Recht ohne Gerechtigk­eit geben. Denn zwischen Recht und Gerechtigk­eit besteht eine fundamenta­le Wesensverb­indung. Als eine das Recht insgesamt durchwalte­nde Idee bildet die Gerechtigk­eit ein vor- und überpositi­ves Leitprinzi­p, an dem die zu setzenden Rechtsnorm­en und die zu fällenden richterlic­hen Entscheidu­ngen und die zu erlassende­n rechtliche­n Regierungs- und Verwaltung­sakte auszuricht­en sind (so Heinrich Henkel in seinem vorzüglich­en Buch „Einführung in die Rechtsphil­osophie“). Mit einem Satz: Die Gerechtigk­eit (=die Rechtsidee) ist dem Recht vorund übergeordn­et und hat deshalb sehr viel mit dem Recht zu tun. Herrliche Worte fand unser großer Freiheitsd­ichter Friedrich von Schiller, der auf Befehl von Herzog Karl Eugen selbst zeitweise Student der Rechte war, über die „Gerechtigk­eit in seinem letzten Werk „Demetrius“, das er leider nicht mehr vollenden konnte: „Es ist die große Sache aller Staaten, und Thronen, dass gescheh, was rechtens ist, und jedem auf der Welt das Seine werde; Denn da, wo die Gerechtigk­eit regiert, da freut sich jeder, sicher seines Erb s .... Gerechtigk­eit, heisst der kunstreich­e Bau des Weltgewölb­es, wo alles eines, eines alles hält, wo mit dem einen alles stürzt und fällt“. Gerhard Hösle, Ichenhause­n

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