Mittelschwaebische Nachrichten
CSU will die Landarzt Quote
Ein umfangreiches Gesetzespaket soll den drohenden Medizinermangel auf dem Land verhindern. Allein in Augsburg sollen 1250 neue Studienplätze für Humanmedizin entstehen
München Unter anderem mit einer Landarzt-Quote von bis zu fünf Prozent der Medizin-Studienplätze in Bayern will die CSU-Fraktion im Landtag dem wachsenden Hausärzte-Mangel vor allem in ländlichen Regionen entgegenwirken. Der Vorstoß ist Teil eines umfassenden Gesetzespaketes zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, den die CSU-Mehrheit im Maximilianeum vorgelegt hat.
„Eine überall im Land ausreichende medizinische Versorgung dauerhaft sicherzustellen, ist eines der drängendsten politischen Themen, die wir in Bayern haben“, glaubt der CSU-Gesundheitsexperte Bernhard Seidenath. Denn rund ein Drittel der derzeit gut 9000 bayerischen Hausärzte sei älter als 60 Jahre. Viele Hausarztpraxen müssten deshalb in den kommenden zehn Jahren neu besetzt werden.
Doch einen geeigneten Nachfolger zu finden, sei schon heute für viele Hausärzte sehr schwierig: Selbst in den Städten „werden nicht mehr wie warme Semmeln neu vergeben“, so Seidenath.
Hauptgründe dafür sind aus Sicht der CSU für viele junge Mediziner wenig attraktive Arbeitsbedingungen mit Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft und einem hohen finanziellen Risiko bei der Praxis-Übernahme, aber auch eine zu geringe Zahl an Studienplätzen für Nachwuchs-Mediziner. „Wir haben zwar in Bayern so viele Ärzte wie noch nie. Aber wir haben auch so viele Einwohner wie noch nie“, erklärt Seidenath.
Die CSU will deshalb die Zahl der derzeit rund 12 500 Medizinstudienplätze in Bayern ausbauen: Allein in der neuen Medizinfakultät an der Universität Augsburg sollen ab 2019 binnen sechs Jahren 1250 neue Studienplätze entstehen. Aber auch an anderen bayerischen Universitäten wäre ein Ausbau wünschenswert, findet der CSU-Hochschulpolitiker Oliver Jörg. Doch dieser könne angesichts der hohen Ausbildungskosten nur im Rahmen eines bundesweiten Konzeptes umgesetzt werden: „Bayern kann nicht für ganz Deutschland Mediziner ausbilden“, so Jörg.
Aufs Land locken soll die Nachwuchs-Ärzte zudem eine LandarztQuote: Schon ab dem Wintersemester 2018 könnten begehrte MedizinStudienplätze für Bewerber reserviert werden, die sich verpflichten, nach Abschluss ihrer Ausbildung als Landarzt oder Kinderarzt zu arbeiten. Die Verpflichtung werde mit einer hohen Vertragsstrafe bewährt sein.
Verbessert werden soll zudem ein bereits seit 2012 existierendes Förderprogramm für Landärzte: Ein Niederlassungszuschuss von maximal 60 000 Euro werde künftig nicht mehr nur in kleinen Kommunen unter 20 000 Einwohnern möglich sein, sondern generell an allen Orten mit festgestelltem Ärztemangel. Auch ein Stipendienprogramm für künftige Landärzte soll ausgebaut werden. Die Verbesserung der WeiterbilHausarzt-Praxen dung zum Facharzt für Allgemeinmedizin ist ebenfalls geplant. Vor allem eine engere Vernetzung mit ländlichen Regionen sei ein Ziel, sagt der oberfränkische CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner: „Wir müssen auch schwierige neue Wege zumindest einmal ausprobieren.“Dem Wunsch mancher Nachwuchs-Hausärzte, nicht mehr freiberuflich, sondern angestellt zu sein, könnten medizinische Versorgungszentren (MVZ) entsprechen, die von einem Arzt oder von Kommunen betrieben werden: „Wir rühren gegen solche MVZ keinen Mörtel an“, sagt Seidennath. Über staatliche Hilfen für interessierte Kommunen könne man reden.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) soll dem Landtag zudem darlegen, welche Rechtsgrundlagen nötig sind, um in unterversorgten Gebieten übergangsweise von der KVB selbst betriebene Praxen einzurichten: „Es kann doch nicht sein, in einigen Regionen jahrelang keinen Hausarzt zu haben“, findet CSU-Mann Baumgärtner.
»Kommentar
Der Hausarzt ist für viele Menschen der wichtigste Ansprechpartner in medizinischen Fragen. Wer das oft beschworene Ziel möglichst gleicher Lebensverhältnisse in Stadt und Land so oft auf den Lippen führt, wie die CSU, darf deshalb vor den wachsenden Defiziten der hausärztlichen Versorgung in vielen Regionen Bayerns nicht länger die Augen verschließen.
Zwar hat die Seehofer-Regierung 2013 ein eigenes Gesundheitsministerium geschaffen. Griffige neue Antworten auf die immer drängenderen Fragen der landesweiten Ärzteversorgung hat man aus diesem Ressort zuletzt aber nicht gehört. Es ist deshalb gut, dass nun in den Reihen der CSU-Landtagsabgeordneten ein dickes Gesetzespaket erarbeitet worden ist, um das Problem endlich systematisch anzugehen.
Gut ist auch, dass die Initiative vor umstrittenen Ideen nicht zurückschreckt: So ist etwa eine „LandarztQuote“ein nicht unerheblicher Eingriff in die Autonomie der Universitäten. Angesichts der großen gesellschaftlichen Bedeutung der ärztlichen Versorgung sollten solche Bedenken aber zurückstehen: Die Allgemeinheit bezahlt schließlich die hunderttausende Euro teure Mediziner-Ausbildung. Da steht es ihr auch zu, mit gutem Grund einmal lenkend einzugreifen.
Klar ist allerdings auch, dass die nun vorgelegte Gesetzesinitiative nur ein Anfang im Kampf gegen den Ärztemangel auf dem Land sein kann. Viele Rahmenbedingungen, die den Landarzt-Beruf für Neueinsteiger unattraktiv machen, liegen zudem gar nicht in der Kompetenz des Freistaats. Dennoch wird das Thema auch die bayerische Landespolitik noch länger beschäftigen.
Hohes finanzielles Risiko bei der Praxis Übernahme