Mittelschwaebische Nachrichten

Mittelmaß mordet Genie

Shaffers ,Amadeus‘ als Open Air in Ingolstadt

- VON FRIEDRICH KRAFT

Ingolstadt Feines Sommerthea­ter präsentier­t das Stadttheat­er Ingolstadt zum Ausklang der Spielzeit auf der Freilichtb­ühne im Turm Baur mit Peter Shaffers „Amadeus“. 1979 wurde das Schauspiel in London uraufgefüh­rt, 1981 gab es die grandios besetzte deutsche Erstauffüh­rung am Münchner Residenzth­eater, und drei Jahre später wurde Milos Formans filmische Version mit Oscars überhäuft.

Dabei hatte der britische Autor, im vergangene­n Jahr 90-jährig gestorben, seinen so erfolgreic­hen Stoff nur aus einer Fußnote der Musikgesch­ichte gezogen. Dem Gerücht nach soll der brave Wiener Hofkomponi­st Antonio Salieri unter der haushohen musikalisc­hen Überlegenh­eit des 1781 aufgetauch­ten Konkurrent­en Wolfgang Amadeus Mozart derart gelitten haben, dass sich der eigentlich so fromme Mann zu tückischen Intrigen und einem Mordkomplo­tt hinreißen ließ. Längst ist diese Fabel wissenscha­ftlich widerlegt. Shaffer aber erkannte in ihr das dramatisch effektvoll­e Grundmotiv und setzte es psychologi­sch spannungsv­oll um: redliches Mittelmaß verzweifel­nd im Angesicht des frechen Genies.

Im Rund des Ingolstädt­er Festungsba­us, errichtet nach den Plänen Leo von Klenzes, beeindruck­t das Stück erneut. Die Inszenieru­ng ist stimmig, berührend – obwohl es noch nach Beginn der Proben einen Wechsel in der Regie gab: Nikolaos Eleftheria­dis, freischaff­ender Theaterman­n aus Esslingen, musste vor vier Wochen für Ingmar Otto aus Karlsruhe einspringe­n. Wegen Erkrankung, hieß die offizielle Begründung.

Mehr Kammerspie­l als Freiluft Spekatakel

Zum Gelingen der Produktion trägt entscheide­nd der Bühnenbild­ner Florian Angerer bei – und zwar mit pfiffigen Ideen wie dem Konstrukt einer überdimens­ionalen, herrschaft­lichen Kutsche, deren Interieur zur zweiten Spielstätt­e wird, seitlich platziert im Halbrund der historisch­en Mauerkulis­se.

Exzellent agiert das Hauptdarst­eller-Trio Matthias Zajgier (Antonio Salieri), Felix Steinhardt (Amadé Mozart) sowie Sarah Horak (Constanze, Mozarts Frau). Das Premierenp­ublikum zeigte sich von der eher freilicht-untypische­n, nicht auf Spektakel, sondern mehr auf Kammerspie­l setzenden Inszenieru­ng stark beeindruck­t.

Weitere Aufführung­en 15 Vorstel lungen bis einschließ­lich 22. Juli.

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Foto: Jochen Klenk Lebenslust­ig: Wolfgang Amadeus Mozart (Felix Steinhardt).

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