Mittelschwaebische Nachrichten
Von Mann zu Mann
KVON ANTON SCHWANKHART eine Seele ist so eigen wie die russische. Geheimnisvoll, dunkel und schwermütig. Im Wodkadunst auf Bärenjagd, wortkarg und hart – so stellen wir sie uns vor.
Hat sich jemals schon jemand die dänische oder die schweizer Seele vorgestellt? Nicht dass wir den liebenswerten Dänen und standfesten Schweizern ein eigenes Innerstes absprechen. Aber wenn dieses Innerste denn irgendeine Tiefe hat, dann ist sie nichts gegen das Unerklärbare der russischen Seele. Literatur, Musik und nicht zuletzt Wladimir Putin haben ihr ein einzigartiges Denkmal geschaffen. Für uns ist sie schwer zu ergründen. Wie soll einer auch den halb nackten Bärenjäger und präsidialen Lachsfischer Putin verstehen, wenn er seit ewigen Zeiten von Angela Merkel regiert wird.
In diesen Wochen nun schickt sich Igor Lebedew an, das Profil der russischen Seele an ihren rauen Kanten zu schärfen. Lebedew ist ein Mann klarer Worte und kurzer Prozesse. Einer, der ungern Gefangene macht. Als solcher hat er auch eine Lösung für das Hooligan-Problem im russischen Fußball. Lebedew schlägt eine offizielle Hooligan-Liga vor, in der sich Chaoten und Schläger vor Publikum in den Stadien austoben können. Der Mann kennt sich im Fußball aus. Er ist Vorstandsmitglied des russischen Verbandes. Leider ist er auch noch Parlaments-Vize. Eine Art Pendant zu Claudia Roth, die sich im Fußball ebenfalls auskennt, Präsidiumsmitglied des Bundestages ist, aber eine Schwabenseele besitzt und Frieden predigt. Kollege Lebedew dagegen pflegt weiter den kurzen Prozess. Sein Urteil für Juri Schirkow, der beim 1:2 der Sbornaja gegen Mexiko vom Platz flog: „In der Kabine sollte man ihm auf die Schnauze geben, von Mann zu Mann.“
Es wäre dann an diesem Wochenende die dritte Ohrfeige für die Russen gewesen. Die erste Watschn war das Aus als Gastgeber des Confed Cups. Es folgten die Hinweise, der russische Fußball sei Teil des landesweiten Dopingsystems gewesen. Und jetzt? Schaden begrenzen. Mit dem Kleinen beginnen. Der russische Verband muss als Erstes genau überlegen, ob er während der WM Politiker in die Spielerkabine lässt.
Die deutsche Seele darf entspannt bleiben. Von Angela Merkel oder Martin Schultz droht keine Gefahr für Spielerschnauzen.