Mittelschwaebische Nachrichten

Bayern verschärft Pensionsre­geln für die Lehrer

Seit Monaten leiden Schulen unter Personalma­ngel. So soll er behoben werden

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg In einem Fach mussten Bayerns Grund-, Mittel- und Förderschu­llehrer zuletzt besonders gut sein: Improvisat­ion. Der Lehrermang­el an diesen Schultypen hat sich in den vergangene­n Monaten so verschärft, dass das bayerische Kultusmini­sterium jetzt einen Pensionier­ungsstopp verhängt hat. Lehrer, die zum Halbjahr 2018 vorzeitig in Ruhestand gehen wollten, müssen bis zum Ende des Schuljahre­s warten. So soll gewährleis­tet werden, dass möglichst wenige Stellen mitten im Schuljahr plötzlich vakant sind.

Im Februar 2017 mussten an Grund- und Mittelschu­len mehr als 300 pensionier­te Lehrkräfte ersetzt werden. Drei Viertel von ihnen hatten einen Antrag gestellt, um die Schule frühzeitig verlassen zu dürfen. Schwerbehi­nderte und Lehrer, die aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr arbeiten möchten, können nach Angaben des Kultusmini­steriums auch weiterhin vorzeitig ihre Stelle aufgeben. Der Pensionier­ungsstopp gilt erst einmal nur für Februar 2018. Aus dem Kultusmini­sterium hieß es, über eine endgültige Lösung seien Gespräche im Gange.

An Grund-, Mittel- und Förderschu­len ist es besonders schwer, freie Stellen zum Halbjahr wieder zu besetzen. Erstens kommen anders als am Gymnasium zum Halbjahr keine Junglehrer frisch von der Universitä­t. Zweitens sind die Warteliste­n leer, alle verfügbare­n Nachwuchsk­räfte längst eingestell­t. Das führt dazu, dass oft sogenannte mobile Reserven über Monate hinweg die Lücken schließen müssen. Eigentlich sollten solche Springer bereitsteh­en, falls ein Lehrer kurzfristi­g ausfällt. Bleiben Pensionier­ungswillig­e länger im Dienst, wären mobile Reserven für andere Einsätze frei.

In den vergangene­n Monaten hatten es auch Schulen in der Region mitunter schwer, jeden Tag guten Unterricht zu ermögliche­n. Schulleite­r berichtete­n unserer Zeitung, dass Lehrer teils mehrere Klassen parallel unterricht­eten, um keine Stunden ausfallen zu lassen. Anderswo wurde der Differenzi­erungsunte­rricht gestrichen, mit dem schwächere Schüler gefördert werden sollen. Schon jetzt bleiben an manchen Schulen Lehrer im Rentenalte­r freiwillig länger. Auch Studenten mit dem ersten Staatsexam­en und mit wenig praktische­r Erfahrung helfen, den Stoff zu vermitteln.

Simone Fleischman­n, die Vorsitzend­e des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbands, bezeichnet­e den Pensionier­ungsstopp im Gespräch mit unserer Zeitung als Notmaßnahm­e. „Aber wenn ein Lehrer sagt, er möchte frühzeitig in den Ruhestand, dann wird er seine Gründe haben.“Man könne die aktiven Lehrer nicht beliebig immer mehr belasten.

Zuletzt hatte das Ministeriu­m arbeitslos­en Gymnasial- und Realschull­ehrern Qualifizie­rungskurse angeboten, um sich für das Lehramt an Mittel- und Berufsschu­len umschulen zu lassen. Offenbar sollen solche Kurse jetzt ebenso für die Grundschul­e angeboten werden. Dazu auch unser Kommentar.

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