Mittelschwaebische Nachrichten
Vertrauen Sie Mitarbeitern, nicht Regeln
Mein Mann und ich waren in einem großen Möbelhaus, um eine Matratze zu kaufen. An der Matratze hing ein Schild: Sonderaktion – 100 Euro Preisnachlass. In der Fachabteilung bekamen wir einen Ausdruck, mit dem wir an der Kasse bezahlen sollten. Dort stand der volle Betrag, ohne Rabatt. Wir fragten nach. „Das ist richtig so. Der Rabatt wird an der Kasse automatisch abgezogen. Das sind die Regeln“, sagt uns der Mitarbeiter. Komisch. Und tatsächlich: An der Kasse werden die 100 Euro nicht abgezogen. Als wir das reklamieren, sagt die Kassiererin: „Da müssen Sie noch mal in die Fachabteilung, die Ihnen schriftlich bestätigt, dass die Matratze reduziert ist. Ich sehe das nicht im System. Das sind die Regeln.“Zurück in die Abteilung. Bestätigung ausgefüllt. Wieder zur Kasse. Die Kassiererin verlangt den vollen Betrag und sagt: „Sie bekommen von mir einen Stempel auf die Bescheinigung, mit der gehen Sie zum Serviceschalter, dort bekommen Sie das Geld. Das sind die Regeln.“Wir bezahlen den vollen Betrag, stürmen zum Serviceschalter. Auch dort bekommen wir das Geld nicht. Stattdessen gibt es eine Gutschrift, die wir an der Kasse einlösen sollen. Der Grund? Die Regeln.
Das soll keine Schelte der Mitarbeiter sein. Sie haben entsprechend der Regeln gehandelt. Das Problem ist, dass viele Unternehmen derart auf Effizienz und Produktivität fokussiert sind, dass sie verlernt haben, mit Ausnahmen umzugehen. Ich sage nicht, dass es keine klaren Regeln geben sollte. Aber es sollte auch Freiraum und Vertrauen für die Mitarbeiter geben. Sie brauchen die Erlaubnis, flexibel agieren zu können, wenn sich eine Situation ereignet, die so nicht vorgesehen ist. Beispiele dafür gibt es genug: Nordstrom etwa, eine Warenhauskette in den USA, hat folgenden Regelkatalog: „Regel Nummer eins: Setzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand in allen Situationen ein. Weitere Regeln gibt es nicht.“
Bei den Beispielen geht es mir um Sie und Ihre Haltung: Wenn Sie glauben, dass Menschen gut sind und Ihre Organisation gute Leute einstellt, dann haben Sie nichts zu befürchten, wenn Sie Ihren Mitarbeitern Freiraum geben.