Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn das Baby nicht aufhört zu schreien
Wie eine schwabenweite Selbsthilfegruppe besonders geplagten Eltern helfen möchte
Frau Beck, Sie haben vor gut zwei Monaten eine schwabenweite „Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit Regulationsstörungen“– also beispielsweise von Schreibabys – gegründet. Wie kam es dazu? Kathrin Beck: Viele Mütter etwa mit Schreibabys fühlen sich furchtbar einsam. Sie denken nicht selten, dass sie schlechte Mütter sind, weil sie das Problem des Babys nicht in den Griff bekommen. Aber die betroffenen Eltern sind nicht allein: 15 bis 25 Prozent der Kinder haben sogenannte Regulationsstörungen.
Welche Regulationsstörung ist die bedeutendste? Beck: Das Kind schläft nicht durch, auch deutlich über die ersten drei Monate hinaus, wird beispielsweise nachts jede halbe Stunde wach. Irgendwann sind die Eltern wegen des Schlafmangels mit den Nerven am Ende.
Was kann man dagegen tun? Beck: Darauf gibt es keine einfache Antwort. Man muss sich die Familiensituation im Gesamtzusammenhang anschauen. Betroffene können sich Hilfe bei speziell ausgebildeten Experten oder in Beratungsstellen holen. Letztlich gilt es, festgefahrene Einschlafrituale zu identifizieren und durch wirksamere zu ersetzen. Keine Lösung wäre es, das Kind einfach schreien zu lassen. Welche weiteren wichtigen Probleme gibt es bei den angesprochenen Regulationsstörungen? Beck: Da wären zum einen die Fütterprobleme. Es gibt zu langes Stillen über ein Jahr hinaus. Manche Kinder nehmen nur nachts Nahrung zu sich, weil sie tagsüber zu abgelenkt sind. Andere wieder essen nur noch einseitig – beispielsweise nur Melonen. Dann ist noch das extreme Trotzen erwähnenswert.
Woran erkennt man das? Beck: Das geht eigentlich ganz gut über das eigene Bauchgefühl. Eltern merken das, wenn das Kind einfach mehr trotzt, als das eigentlich üblich wäre. Was kann man dagegen tun? Beck: In der Praxis hat es sich bewährt, dass solche Situationen als Video aufgezeichnet werden. Dann kann man sich anschauen, ob Kommunikationsprobleme vorliegen. Ähnlich sieht es mit der Spielunlust aus. Mütter berichten, dass ihre Kinder ihnen nicht von der Seite weichen, nicht spielen wollen. Auch in solchen Fällen kommen Videos zum Einsatz, um die Sache zu klären.
Was konkret bietet nun Ihre Selbsthilfegruppe? Beck: Wir bieten keine Beratung, das ist Sache von Experten. Bei uns steht der Austausch im Mittelpunkt. Mütter wie Väter sind willkommen. Sie sollen merken, dass sie nicht allein mit ihren Problemen sind. Die Kinder sollten bei dem Treffen möglichst nicht mit dabei sein. Denn der Termin soll den Betroffenen auch eine Auszeit bieten.
Interview: Markus Bär
Termine Das nächste Treffen findet am 22. Juli in Augsburg statt. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite www.glueckskind Augsburg.de