Mittelschwaebische Nachrichten
Schöner warten...
In die Lounge bis der Zug kommt. Die Bahn plant mehr Komfort an großen Bahnhöfen. München ist Vorreiter
„Es geht mir schlecht. Heute werde ich im Bahnwartesaal übernachten.“Das schreibt Samuel Wilder 1929 über seine Zeit in Berlin, wo er lange Zeit in ärmlichen Verhältnissen lebte – bevor er in den USA zum weltbekannten Regisseur Billy Wilder wurde. Wer heute auf die Idee käme, in einem Bahnhof zu schlafen, der würde dort wohl schnell rausfliegen. Aus den historischen Wartesälen, in denen einst Reisende und auch Bedürftige Unterschlupf fanden, wurden vielfach Läden in den zu Einkaufszentren umgebauten Bahnhofshallen der an Knotenpunkten liegenden Großstädte.
Man muss ein wenig suchen, um heute im Bahnhof einen Platz zum Ausruhen zu finden, denn diese speziellen Örtlichkeiten sind kleiner geworden – und exklusiver. Das fängt schon beim Namen an. Die Deutsche Bahn spricht nicht mehr von Warteraum, sondern von Lounge. In dieser können an 15 grö- ßeren Bahnhöfen Reisende der Ersten Klasse und Vielfahrer die Zeit zwischen zwei Zügen verbringen. Am Empfang wird man persönlich begrüßt und zeigt zur Legitimation seine Fahrkarte vor. Schwere rote Ledersessel und -sofas bieten bequeme Sitzmöglichkeiten, in kleine Nischen kann man sich bei Bedarf zum Gespräch zurückziehen. Kostenlose Getränke an Selbstbedienungsautomaten und Tageszeitungen gehören zum Service.
Am Hauptbahnhof Hamburg gibt es neben dem „Comfort-Bereich“für „normale“Erste-Klasse-Kunden zusätzlich einen „Comfort First“-Wartebereich für die Besitzer besonders exklusiver Fahrkarten, in dem die Ledersessel noch etwas breiter sind und kostenlose Speisen von DB-Mitarbeitern in Uniform an den Platz gebracht werden. Überall in der Lounge sollen Grünpflanzen an den Fenstern, ein dunkler Fußboden in Parkettoptik, indirekte Beleuchtung sowie großzügige Glasflächen, durch die viel einfallen kann, zu einer angenehmen Atmosphäre beitragen. „Durch die Digitalisierung hat sich das Warten stark verändert. Wir haben bei uns viele Geschäftsleute, die die Wartezeit zum Arbeiten am Notebook nutzen. Allerdings fehlen uns in der Lounge Steckdosen z. B. zum Aufladen der Handys, auch ein Ausdrucken von Texten ist nicht möglich“, sagt Susanne Dietz, Teamleiterin für die Lounges in den Bahnhöfen Hamburg, Hannover und Bremen.
Derzeit wird im Bahnhof Nürnberg an der DB-Lounge der Zukunft gearbeitet. Aus 24 Plätzen werden 60. Es werden unterschiedliche Zonen eingeführt, in denen man sich je nach Bedarf lebhaft unterhalten oder seine Ruhe genießen kann. Mehr Bildschirme an den Wänden, Steckdosen an jedem Platz, ein Teppich im Ruhebereich, große Naturbilder an den Wänden, große Ohrensessel, keine roten Möbel mehr, dafür mehr Natur- und Holztöne, Steharbeitsplätze, um den begrenzten Raum effektiver zu nutzen – so sieht nach Auskunft von Carsten Müller, Projektleiter neue DB-Lounge, die Nürnberger Lounge nach ihrem Umbau aus. Sie soll im Sommer öffnen und als Vorbild für die Erneuerung der übrigen Lounges dienen.
Was macht die Mehrheit der Normalreisenden während der Wartezeit auf dem Bahnhof? Wer sich nicht in ein Café – falls vorhanden – setzen will, dem bleiben in der Regel nur ein paar Sitzgelegenheiten am Bahnsteig, wenig oder gar nicht geschützt vor Wind und Wetter. Das soll laut DB-Angaben anders werden – zumindest an 21 Knotenbahnhöfen. Vorbild ist der Hauptbahnhof München, wo im vergangenen Jahr ein sogenanntes BahnhofsSonnenlicht wohnzimmer für jedermann eingerichtet wurde.
Eine Wand aus Moos, bequeme Sitzgelegenheiten und ein öffentliches Klavier sollen für eine entspannte Atmosphäre ohne Verzehrzwang sorgen. „Wir haben verschiedene Dinge in München getestet und werden jetzt auswerten, was sich bewährt hat und auch an anderen Bahnhöfen verwirklicht wird“, sagt Bahnsprecher Norbert Giersdorff.
Auch für die zugigen Wartehäuschen an den Gleisen wird nach Alternativen gesucht. Im Berliner Ostbahnhof und in Wolfsburg stehen die ersten Glaspavillons, die geschlossen sind und im Winter geheizt werden können. In den Armlehnen der Holzbank befinden sich USB-Anschlüsse. Bis 2018, so plant die Bahn, sollen diese Pavillons in 20 Bahnhöfen aufgestellt werden. Diese sind laut Bahninformationen auch an den Bahnsteigen des Augsburger Hauptbahnhofes geplant, sowie es der Umbau möglich macht. Man muss kein Mickymaus-Fan sein, um sich in die „SeufzerSuite“zu verlieben. Der Sessel mit den Comics in den Armlehnen, die Lampe mit Karikatur-Blättern, die Mickymaus-Lampe am Bett. Das hat schon was. Das Hotel „Die Wasnerin“im Ausseerland verbindet gerne Freizeit mit Lektüre. Im Restaurant hängen Zitate bekannter Autoren an den Wänden, die das Hotel und die Gegend in höchsten Tönen loben. Die gut ausgestattete Bibliothek lädt auf zwei Etagen dazu ein, mal zu einem Buch zu greifen und sich’s dabei gemütlich zu machen. Doch damit nicht genug: Gemäß dem Leitspruch „Der Mensch braucht Orte, wo die Literatur zu Hause ist“, veranstaltet das Hotel Literaturfestivals, zu denen Schriftstellerinnen und Autoren aus dem In- und Ausland anreisen. Beim Frühstück oder auch an der Bar kann man als Gast schon mal Barbara Frischmuth begegnen, die in Altaussee wohnt und die Ideen für die Gestal- tung des Al- pengartens geliefert hat. Die neuen Gastgeber Petra und Davor Barta, 2016 Hoteliers des Jahres, fühlen sich der Tradition des Hauses verpflichtet, das seine Wurzeln bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen kann. Aus dem Wirtshaus für Fuhrleute und späteren Gasthaus mit Bier und Weinausschank wurde in der Kaiserzeit ein Treffpunkt kultivierter Sommerfrischler. Im angesagten Gasthaus trafen sich Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts Künstler wie Gustav Mahler, Alma Mahler Werfel, Oskar Kokoschka, Hugo von Hofmannsthal, Richard Strauß, Friedrich Torberg oder Arthur Schnitzler. Sie würden ihre Sommerfrische nicht mehr wieder erkennen. Die Wasnerin hat angebaut und bietet alle Annehmlichkeiten der Moderne wie Wellness, Saunaund Poollandschaft. Lilo Solcher In unserer Rubrik*„Zimmer-Service“stellen wir Hotels, Pensionen und Ferienhäuser vor, die unsere Redaktionsmitglieder und Mitarbeiter ausprobiert haben und bemerkenswert fanden.
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