Mittelschwaebische Nachrichten
Kritik an Edeka Ansiedlung in Niederraunau
Bäcker und Metzger machen sich angesichts der übermächtigen Konkurrenz Sorgen um ihre Existenz. Sie kritisieren die Stadt auch wegen ihres Kommunikationsstils. Der Bürgermeister hält die Aufregung dagegen für überzogen
Niederraunau Der geplante EdekaMarkt in Niederraunau sorgt für Kritik und Unverständnis unter den lokalen Lebensmitteleinzelhändlern. „Wir fühlen uns als einheimische Betriebe übergangen“, schimpft Bäckermeister Karl Weindl. Vonseiten der Stadt sei „überhaupt kein Gespräch“angeboten worden.
Durch die Ansiedlung des EdekaMarktes würde die „bestehende Infrastruktur“leichtfertig aufs Spiel gesetzt und „ein künstliches Angebot geschaffen“, an dem am Ort kein Bedarf bestehe, klagt Weindl. Aus Sicht des Konzerns sei die Ansiedlung des Edeka-Marktes in Niederraunau natürlich sinnvoll, um anderen Märkten in Krumbach, vor allem etwa der Aldi-Filiale im Süden der Stadt, Kunden abzuzwacken und Kaufkraft abzuschöpfen. Doch während das Großunternehmen im Zuge eines Strategiewechsels schnell mal ein paar Märkte verlegen kann, seien Betriebe wie Weindls Bäckerei fest in der Heimat verwurzelt. Weindl gibt zu bedenken, dass er als Arbeitgeber immerhin 66 Menschen im Betrieb beschäftigt. Er könne nicht nachvollziehen, warum die Stadt durch die Installation einer übermächtigen Konkurrenz die lokalen Betriebe in ihrer Existenz bedrohe.
Schriftlich habe er zwar ein Angebot erhalten, eine Filiale in dem neuen Lebensmittelmarkt zu eröffnen. Das mache allerdings wirtschaftlich wenig Sinn und seinen Hauptstandort in Niederraunau aufzugeben, „ist für uns keine Option“, sagt Weindl.
Ähnlich sieht das auch Fritz Blösch, dem das gleiche Angebot unterbreitet wurde. „Es wäre doch Quatsch, 500 Meter neben dem Hauptgeschäft eine Filiale zu eröffnen“, sagt Blösch. „Die Verträge sind zu lang, die Mieten zu hoch – ich seh da keinen Vorteil für mich“, sagt Blösch. Auch er bedauert die nun getroffene Entscheidung des Bauausschusses. „Wir führen in Krumbach Diskussionen über die Stärkung des Ortskerns und machen in Niederraunau genau das Gegenteil.“Er sei seit acht Jahren in der Dorferneuerung engagiert. Das Vorgehen der Stadt widerspreche diametral der Prämisse, den Dorf- kern zu stärken. Es sei desillusionierend, wenn einem „ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen werden“, klagt Blösch. Dabei leisten die heimischen Betriebe ihm zufolge viel mehr als nur die Nahversorgung mit Lebensmitteln. Jedes Jahr bilde er zwei bis vier Lehrlinge aus – in einer Branche, in der händeringend Nachwuchs gesucht werde.
Für die Qualität seiner Ausbildung wurde Blösch sogar ausgezeichnet. „Das alles zählt heute scheinbar nichts mehr. Wir unterstützen jeden örtlichen Verein – auch das zählt nichts mehr.“Darüber hinaus sei sein Laden im Dorfzentrum auch eine Art sozialer Treffpunkt, wo man während des Einkaufs noch zu einem kleinen Ratsch zusammenkommt. Die kleinen Betriebe kämpften heute nicht nur gegen den Preisdruck und den Nachwuchsmangel an, sie werden auch von wachsender Bürokratie und zunehmenden Vorschriften erdrückt. „Irgendwann hat man einfach keine Lust mehr“, sagt Blösch.
Krumbachs Bürgermeister Hubert Fischer kann die Bedenken der beiden Niederraunauer Handwerksmeister nicht nachvollziehen. „Die trifft das doch gar nicht“, sagt er. Bereits jetzt schon kauften die Niederraunauer ihre Lebensmittel in Supermärkten und Discountern. Trotzdem machten die heimischen Betriebe ein gutes Geschäft.
Fischer geht nicht davon aus, dass sich das ändert, nur weil der Supermarkt dann statt in Krumbach, in Niederraunau steht. „Wer sein Fleisch im Supermarkt kauft, geht nicht zum Metzger“, sagt Fischer. Wer aber bislang Wert auf die Qualität und die guten Rezepte der heimischen Bäcker oder Metzger gelegt habe, werde auch in Zukunft nicht zur Massenware im Supermarkt greifen. Solange die heimischen Betriebe qualitativ hochwertige Ware anbieten, bräuchten sie die Konkurrenz nicht zu fürchten.
Abgesehen davon gibt es Fischer zufolge auch viele Menschen in Niederraunau, die sich über den Supermarkt freuen würden – vor allem etwa im Süden, wo sich in den Neubaugebieten junge Familien ansiedeln. „Ich seh einen Riesenvorteil, wenn wir dort endlich eine vernünftige Poststelle kriegen“, sagt Fischer. Er fragt auch was passiert, wenn die hiesigen Handwerksmeister irgendwann keinen Nachfolger finden und ihren Laden schließen? Können die garantieren, dass es sie in zehn Jahren noch gibt?
Die Kritik der Jungen Union wischt Fischer zur Seite. „Man kann doch mit Verhinderungspolitik niemals etwas erreichen“, sagt Fischer. Zudem lasse das neue von der bayerischen Staatsregierung beschlossene Landesentwicklungsprogramm genau solche Fälle, wie die Marktansiedlung in Niederraunau, zu. Auch die Kritik am Kommunikationsstil der Stadt hält Fischer für unbegründet.
In einer repräsentativen Demokratie treffe der gewählte Stadtrat solche Entscheidungen und wäge dabei die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen ab. Darüber hinaus stehe es jedem, der sich betroffen fühlt, frei, auch einmal beim Bürgermeister oder einem Stadtratsmitglied anzurufen, um seine Interessen zu artikulieren.