Mittelschwaebische Nachrichten

Braucht das Dekanat ein Freizeithe­im?

Die Zukunft der Kahlrücken­alpe löst in Günzburg hitzige Diskussion­en aus. Dann wird entschiede­n

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Es war eine ausgesproc­hen knappe Entscheidu­ng am Donnerstag­abend im evangelisc­hen Gemeindeha­us in Günzburg: Dort kam die außerorden­tliche Dekanatssy­node des Dekanatsbe­zirks Neu-Ulm zusammen, um darüber zu befinden, wie es mit dem evangelisc­hen Freizeithe­im Kahlrücken­alpe im Oberallgäu weitergehe­n soll. Über zwei Möglichkei­ten wurde leidenscha­ftlich diskutiert: Entweder wird das Heim mit 50 Übernachtu­ngsplätzen, das viele der Anwesenden bereits aus der eigenen Jugendzeit kennen, verkauft. Oder aber es wird vorerst weiter betrieben. Nach über zwei Stunden der Rede und Gegenrede und des Austauschs vieler Argumente aus beiden Lagern votierten 43 der 80 Stimmberec­htigten für den „befristete­n Weiterbetr­ieb“. 37 Synodale wollten die defizitäre Ein- richtung verkaufen. Mit einem „Vater unser“beendete Dekanin Gabriele Burmann die Synode – und mit dem Wunsch, „dass wir uns nicht auseinande­rdividiere­n lassen“. Pfarrer Friedrich Martin (Günzburg) fasste in seinem Vortrag die Argumente zusammen, die dafür sprechen, das auf 1200 Metern Höhe und weitab vom Verkehr gelegene Heim zu veräußern. Zwischen den Jahren 2011 und 2016 haben Dekanat und Landeskirc­he erhebliche finanziell­e Mittel eingesetzt, um die Etatlücke zu schließen – insgesamt eine Viertelmil­lion Euro in dieser Zeitspanne. „Und was ist, wenn aus München kein Zuschuss mehr kommt?“, fragte Martin. Er unterfütte­rte seine Sorge mit dem Rückgang von Kirchenste­uermitteln und der Reaktion der Landeskirc­he, die auf „Profil und Konzentrat­ion“setze. Eine Befragung im vergangene­n Jahr habe zudem ergeben, dass der große Teil der Kirchengem­einden im Dekanat die Kahlrücken­alpe gar nicht nutze. Wirtschaft­lich sei das Heim mit seiner begrenzten Kapazität ohnehin nicht. Und damit nicht genug: Ein Brandschut­zgutachten, das zu Beginn dieses Jahres erstellt worden sei, habe gravierend­e Mängel festgestel­lt. So entstünden zusätzlich­e Investitio­nskosten in Höhe von 150000 Euro. Der Unterstütz­erkreis der Kahlrücken­alpe um Pfarrer Tobias Praetorius (Steinheim, Kreis Neu-Ulm) bestritt die Höhe der Mittel, die für einen besseren Brandschut­z nötig seien. Ein Vertreter sprach von „maximal 10000“Euro, die in die Hand genommen werden müssten. Praetorius selbst wunderte sich, warum nun zum Verkauf gedrängt werde. Das jährliche Betriebsko­stendefizi­t zwischen 50000 und 60000 Euro sei bislang zwar immer wahrgenomm­en, aber nie richtig analysiert worden. Die Befürworte­r für einen vorübergeh­enden Weiterbetr­ieb sprachen von zu hohen Personalko­sten, die man senken müsse. Außerdem sei das Haus bislang nur verwaltet worden – aber nicht bewirtscha­ftet und auch nicht ansprechen­d beworben. Dabei sei das einsam gelegene Freizeithe­im ein idealer Standort beispielsw­eise für Erlebnispä­dagogik. Der Unterstütz­erkreis will dies alles angehen und in den kommenden drei Jahren weg von den roten Zahlen kommen.

Und noch ein Argument fürs Weitermach­en: Eine Verkaufsab­sicht bedeute noch lange nicht, dass es auch einen Käufer gebe. Ein Leerstand gehe ins Geld, „ohne davon irgendeine­n Nutzen zu haben“.

Soweit kam es ohnehin nicht. Die Kahlrücken­alpe gehört – in den kommenden Jahren zumindest – weiter dem Dekanat. »Kommentar

Dekanat Neu Ulm 55 000 Protes tanten leben im Dekanat, das den Kreis Neu Um und die Altlandkre­ise Günzburg und Dillingen und Thannhause­n um fasst. Sieben Dekanatsbe­zirke bilden den Kirchenkre­is Augsburg.

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Foto: Johannes Schneider Um die Zukunft der 1200 Meter hoch gelegenen Kahlrücken­alpe ging es bei der Dekanatssy­node in Günzburg.
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Foto: Till Hofmann Keine Spaltung nach der Entscheidu­ng: Das wünschte sich Dekanin Gabriele Burmann.

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