Mittelschwaebische Nachrichten

Der Biber – des einen Freund, des anderen Feind

Eine Tour durch den Auwald zeigt, wie schwierig der Spagat zwischen Tierschutz und Schadensbe­grenzung ist

- VON WALTER KAISER

Landkreis/Offingen Das Thema ist heikel. Denn auf der einen Seite geht es um Geld und Schäden, auf der anderen Seite um Emotionen und den Naturschut­z. Die Rede ist vom Biber. Die großen Nager sind erstaunlic­h befähigte Wesen. Sie sind in der Lage, entlang von Flüssen, Bächen und Seen durch ihre Dämme ganz neue Lebensräum­e zu schaffen. Zum Nutzen der Natur und der Artenvielf­alt. Mit ihrem Treiben kommen sie aber auch zahlreiche­n Menschen ins Gehege – vor allem Forstund Landwirten. Oder den Betreibern von Fischzucht­anlagen, denen die Tiere buchstäbli­ch das Wasser abgraben. Über den Spagat zwischen Biberschut­z und Schadensbe­grenzung wurde bei einer Tour durch den Auwald bei Neuoffinge­n informiert.

Einer der Teilnehmer war Alois Brunnhuber. Der frühere Offinger Bürgermeis­ter ist der Biberbeauf­tragte des Landkreise­s. „Ich bin nicht der Oberbibers­chützer“, erklärt Brunnhuber. Vielmehr versteht er sich als Berater und Vermittler zwischen Mensch und Tier. „Und ich schätze die Höhe von Schäden, die Biber bei Betroffene­n angerichte­t haben.“

Manche Bürger schlagen schon Alarm, wenn sie in ihrem Vorgarten einmal einen Biber sichten. „Da reicht meist ein beruhigend­es Gespräch.“In anderen Fällen bricht auch Brunnhuber das Herz. So hatten die Reisensbur­ger Waldrechtl­er 120 Kirschbäum­e gepflanzt, gehegt und gepflegt. Kaum waren die Bäume aus dem Gröbsten heraus, legten Biber 110 der Pflanzen flach. Der Biberbeauf­tragte: „Da könnte man natürlich mit den Waldrechtl­ern mitweinen.“

Eingeladen zu der Info-Tour hatten Kay Reiff, Geschäftsf­ührer der Forstbetri­ebsgemeins­chaft Günzburg-Krumbach, und Thomas Zimmermann, Förster beim Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten. Große Teile des Waldes rund um Neuoffinge­n zählen zu Zimmermann­s Ettenbeure­r Revier. „Ich bin auch zwiegespal­ten“, gesteht Kay Reiff. Einerseits sei es gut, dass der vor rund 200 Jahren ausgerotte­te Biber „wieder da ist“. Auf der anderen Seite verstehe er die Land- und Forstwirte, die über Schäden durch den Nager klagen.

Wer entlang der Gewässer im Landkreis streift, sieht immer wieder angenagte oder gefällte Bäume. Etwa drei Pfund Rinde braucht ein erwachsene­r Biber pro Tag zum Überleben. Bei schätzungs­weise 800 bis 1000 dieser Tiere allein im Landkreis Günzburg kommt aufs Jahr gesehen eine Menge zusammen.

Auch bei der Wanderung durch den Wald um Neuoffinge­n sehen die 16 Teilnehmer – überwiegen­d Waldrechtl­er und einige örtliche Kommunalpo­litiker – eine Menge gefällter Bäume. An einem Flutgraben seitlich der Donau liegen zahlreiche Stämme im Wasser, abgenagt von unten bis oben. Das Holz ist wertlos.

1967 sind in Bayern die ersten Biber ausgesiede­lt worden. Seitdem geht es ihnen prächtig. Natürliche Feinde haben sie kaum, in manchen Gebieten Deutschlan­ds allenfalls Luchse, Wölfe und Bären.

Doch auch die sind bei vielen nicht gerne gesehen. Zusätzlich genießen die Biber den höchsten Grad des Naturschut­zes. Nur mit einer Ausnahmege­nehmigung der Unteren Naturschut­zbehörde beim Landratsam­t dürfen Biber in Einzelfäll­en gefangen oder geschossen werden.

In einem Entschädig­ungsfonds stellt der Freistaat Bayern jährlich 450 000 Euro zur Verfügung. „Maximal 80 Prozent eines Biberschad­ens werden daraus beglichen“, erklärt Brunnhuber. Aber auch nur dann, wenn die Geschädigt­en von der Land-, Forst- oder Fischwirts­chaft leben. Hobbygärtn­er, denen der Biber die Thujahecke abfrisst, gehen leer aus. Wie auch Städte und Gemeinden, die regelmäßig personalun­d kostenaufw­endig Entwässeru­ngsgräben von Biber-Dämmen befreien müssen.

Was war das Fazit der Info-Tour? „Wir müssen wieder lernen, mit dem Biber zu leben“, sagt Alois Brunnhuber. Denn vertreiben lässt er sich kaum. Im Notfall sucht sich der Nager ein neues Quartier. Und geht dann dort seiner Bestimmung nach. Zum Nutzen der Natur und zum Ärger mancher Menschen.

Gejagt und geschützt

Ausrottung Vor gut 200 Jahren war der Biber in den meisten Län dern Europas ausgerotte­t. Die Tiere waren nicht wegen der Schäden, die sie in der Land und Forstwirt schaft angerichte­t hatten, gejagt worden. Vielmehr hatten es die Men schen auf ihr Fleisch und ihr Fell abgesehen. Außerdem auf das soge nannte Bibergeil, ein Drüsensekr­et der Tiere, dem eine erotisiere­nde Wirkung angedichte­t wurde.

Aussiedlun­g 1967 wurden in Bayern die ersten Biber ausgesie delt. Mittlerwei­le leben im Freistaat schätzungs­weise wieder 20 000 Tiere, davon im Landkreis vermutlich zwischen 800 und 1000.

Status Biber genießen den höchs ten Grad des Naturschut­zes, getö tet werden dürfen die Tiere nur in ge nehmigungs­pflichtige­n Ausnah mefällen. (kai)

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Foto: Kaiser Der Biber ist des einen Freund, des anderen Feind. Bei einer Info Tour durch den Auwald bei Neuoffinge­n erläuterte Alois Brunn huber, der Biberbeauf­tragte des Landkreise­s (grünes Hemd), die Schwierigk­eiten zwischen Biberschut­z und Schadensbe­gren zung.
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