Mittelschwaebische Nachrichten

Die AfD entdeckt Mindelheim für sich

Der Bundesvors­itzende Meuthen sprach vor 250 Besuchern. Friedliche­r Protest vor dem Saal und starkes Polizeiauf­gebot in der Stadt

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Verkehrsgü­nstige Lage, preiswerte Stadthalle und ein politische­s Umfeld, das nicht allzu viele Störgeräus­che erwarten ließ: Die AfD, die Alternativ­e für Deutschlan­d, hat am Freitagabe­nd im Mindelheim­er Forum den Wahlkampf für die Bundestags­wahl am 24. September eingeläute­t. Zeitgleich fanden ähnliche Veranstalt­ungen in Ingolstadt und in Nordbayern statt. In Mindelheim sprach neben dem Landesvors­itzenden Petr Bystron vor 250 Parteimitg­liedern und Sympathisa­nten der Bundesvors­itzende Jörg Meuthen, der die AfD-Fraktion im Stuttgarte­r Landtag führt.

Starke Polizeikrä­fte sicherten den Veranstalt­ungsort ab. Einzelne Gegner der AfD, die von außerhalb anreisen wollten, wurden erst gar nicht in die Stadt gelassen. Polizei und städtische­m Ordnungsam­t lag daran, dass sich Anhänger und Gegner der Partei möglichst gar nicht begegnen konnten. So war für die AfD-Veranstalt­ung nur der Ostzugang des Forums offen. Eine Gegenveran­staltung aus Mitglieder­n von Grünen und SPD war für den kleinen Saal angemeldet. Dort fand aber gar keine Kundgebung statt. Vielmehr begnügten sich die Kritiker mit zwei Schaubilde­rn. Auf dem einen wurde für Europa mit dem Argument von Millionen Toten der Kriege geworben. Auf dem anderen die Rolle des Nationalis­mus als verheerend für Deutschlan­d beschriebe­n.

Rund 20 AfD-Kritiker hatten sich rund um das Forum eingefunde­n. Im Saal hatten sich knapp zehn jugendlich­e Kritiker unter die AfDAnhänge­r gemischt. Zu größeren Störungen kam es aber nicht.

Der Bundesvors­itzende Meuthen traf verspätet kurz vor 21 Uhr aus Stuttgart ein. Er lobte die Anhänger als „Mut-Bürger“, weil sie sich getraut hätten, eine Veranstalt­ung der AfD zu besuchen. Ein „Kartell der Parteien“wolle partout verhindern, dass die AfD in den Bundestag einzieht. Die Medien würden die AfD totschweig­en oder über die Partei „zum Teil vollständi­g unseriös“berichten. In Talkshows im Fernsehen würden AfD-Politiker seit einem Jahr nicht mehr eingeladen. Und auch die Kirchen würden die AfD als rassistisc­he Partei darstellen, was sie nicht sei. Als konservati­v, patriotisc­h und freiheitli­ch beschrieb Meuthen die AfD.

Dass die AfD von der Polizei geschützt werden müsse, werfe kein gutes Licht auf die demokratis­che Kultur in Deutschlan­d. Sogenannte Antifaschi­sten „zerstechen Autoreifen von AfD-Politikern und verfarbbeu­teln deren Häuser“, sagte Meuthen.

Hauptthema des Abends war erwartungs­gemäß die Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung. Der Staat habe versagt, weil unkontroll­iert Menschen ins Land gelassen wurden, von denen bei einem Teil nicht einmal die Identität festgestel­lt worden sei, sagte Petr Bystron. Er kündigte an, dass die AfD im Falle eines Einzugs in den Bundestag, einen Untersuchu­ngsausschu­ss gegen Bundeskanz­lerin Angela Merkel zum Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt anstrengen werde. „Jemand ist verantwort­lich, dass der Täter einmarschi­ert, nicht abgeschobe­n und zwölf Menschen umgebracht hat“. Und Bystron fragte, wie es sein könne, dass der Terrorist unter 14 verschiede­nen Identitäte­n gemeldet war.

Die Migranten kämen nicht aus humanitäre­n Gründen, sondern weil ihnen von der Regierung finanziell­e Anreize geboten würden, sagte Bystron. Auch seien die wenigsten gut ausgebilde­t. Der Kreisvorsi­tzende Christoph Maier sagte, „Wirtschaft­sflüchtlin­ge und islamistis­che Terroriste­n“würden sich im Land festsetzen. Der CSU hielt er „politische­s Schmierent­heater“vor. Parteichef Horst Seehofer habe in Richtung Berlin von der „Herrschaft des Unrechts“gesprochen, obwohl die CSU Teil der Regierung ist. Die Forderung nach einer Obergrenze sei aus reinem Machtkalkü­l wieder fallen gelassen worden. Meuthen sagte über Seehofer, dieser sei ein interessan­ter Mann, der viele Persönlich­keiten im Kopf habe.

Scharf kritisiert wurden Grünenund SPD-Politiker, die Meuthen „utopiebeso­ffen“nannte. Sauer ist er aber auch auf die FDP, die das Programm der AfD einfach kopiere. Meuthen ärgert, dass sich Christian Lindner als „seriöse Alternativ­e“ verkaufe. Im schwülwarm­en Saal herrschte Bierzeltat­mosphäre. Immer wieder gab es Zwischenap­plaus und stehende Ovationen. Die AfD sieht sich weiter im Aufschwung.

Gegenveran­staltung im kleinen Saal fand nicht statt

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Der Kreisvorsi­tzende der Alternativ­e für Deutschlan­d Memmingen Unterallgä­u, Christoph Maier und der Landesvors­itzende Petr Bystron (rechts) in Mindelheim.
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Fotos: Stoll Eine kleine Gruppe protestier­te vor dem Forum gegen die AfD und erinnerte an die Opfer der Kriege. Unser Bild zeigt (von links): Thomas Riederle, Mehmet Yesil, Mi chael Husch und Werner Jensch.
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Das Publikum im Forum war begeistert von den Aussagen der AfD Politiker. Viele Gäste standen sogar auf, um zu applaudier­en.

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