Mittelschwaebische Nachrichten
Freispruch für Russland
Der Garcia-Bericht liefert keine Beweise für gekaufte Weltmeisterschaften. Zu sicher sollten sich die Organisatoren in Russland und Katar aber nicht fühlen
Was bedeutet die Veröffentlichung des Garcia-Reports für die WMGastgeber Russland und Katar?
Die international umstrittenen WM-Gastgeber können sich als Sieger fühlen. Der Bericht ist quasi ein Freispruch zweiter Klasse, aber eben dennoch ein Freispruch. Die Fifa hat praktisch keine Handhabe mehr gegen die Turnierausrichter, denn ihr ehemaliger Chefermittler konnte keine Beweise für eine gezielte Einflussnahme auf das Wahlverhalten der Fifa-Funktionäre finden. Dieses Urteil klingt für den normalen Fußballfan dennoch befremdlich. Gerade im Fall Katar, wo auch von Garcia Millionenzahlungen dokumentiert wurden – wenn diese auch nicht den WM-Machern direkt zuzuordnen sind.
Welche Rolle spielt Franz Beckenbauer in den Fifa-Ermittlungen?
Das Verhalten von Deutschlands einstiger Fußball-Lichtgestalt wird im Bericht über mehrere Seiten genau seziert und Garcia findet sehr klare Worte. Mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Befragung mit scheinheilig klingenden Ausreden sind ein Thema. Dafür wurde Beckenbauer 2014 während der Weltmeisterschaft mit einer 90-Tage-Sperre belegt. Dann lieferte er die geforderten Antworten. Da er sich im Frageprozess nicht an die Regeln hielt, folgte noch eine Geldstrafe von 7000 Euro. Pikant ist auch die Rolle des Kaisers im Zusammenhang mit der australischen Bewerbung. Ein Interessenkonflikt liegt vor aufgrund der engen Beziehung zu seinem Freund und Berater Fedor Radmann – dem Strippenzieher für die Kandidatur aus Down Under. Eine Reaktion von Beckenbauer auf die Veröffentlichung des Reports stand noch aus.
Warum veröffentlicht die Fifa den Report gerade jetzt?
Fifa-Chef Gianni Infantino gibt sich wieder als großer Reformer und Aufklärer. Er habe die Veröffentlichung schon lange gewollt – die Ethikkommission um den mittlerweile abgelösten deutschen Richter Hans-Joachim Eckert habe dies verhindert. So die Fifa-Erklärung. Fakt bleibt: Ohne die von Mr. X an die Bild weitergegebenen Informationen wäre der Bericht noch nicht publik. Infantino hat die Chance aber erkannt. Denn nun scheint das Thema WM-Bestechung erst mal erledigt. Er kann den Confed Cup in Russland als perfekte Generalprobe feiern.
Ist der Skandal um Russland und Katar damit erledigt?
Für die Fifa ist die WM-Vergabe ad acta gelegt. Der Blick geht jetzt aber Richtung Bern, wo die Schweizer Bundesanwaltschaft weiter ermittelt – unter anderem wegen des Verdachts auf Geldwäsche, und das mit juristisch besseren Möglichkeiten als Garcia sie hatte. Das Problem: Die Untersuchung braucht viel Zeit. Mehrere Terabyte Daten sind zu bewerten. Bis die Ermittler verwertbare Ergebnisse haben, ist zumindest der nächste Weltmeister am 15. Juli 2018 im Moskauer Luschniki-Stadion wohl schon lange gekürt. (dpa)