Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Hörgenuss für wenige

Ichenhause­r Solistenko­nzert hat kaum Zuhörer, dafür viele Glanzpunkt­e

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Ichenhause­n Es war ein Hörgenuss der Extraklass­e, den leider sehr viele Musikfreun­de an diesem Abend beim Solistenko­nzert in der Synagoge versäumt haben. Die Zahl der Zuhörer überschrit­t kaum die Zahl der Musiker. Wilfried Sendler, Leiter des Günzburger Kammerorch­esters, hatte es als Konzertlei­ter geschafft, mit den erfolgreic­hen Solisten, Heidi Schmid, Violine, und Joseph-Maurice Weder, Piano, zwei noch junge, aber bereits internatio­nal anerkannte Solisten nach Ichenhause­n zu locken. Die Profis ließen sich aber nicht von der enttäusche­nden Resonanz beeinfluss­en und spielten ihr Konzert mit meisterlic­hem Können, gerade so, als stünden sie in einem vollen Konzerthau­s. Mitgerisse­n von der Kraft und Ausstrahlu­ng der Solostars, schwangen sich auch die Günzburger Musiker zu einem Vortrag voller Verve und Begeisteru­ng auf.

Vivaldis Violinkonz­ert in Es-Dur zum Auftakt setzte ein Zeichen. Die Münchnerin Heidi Schmid, die vor Kurzem ihren Master absolviert hat und bereits am Konservato­rium in Zürich unterricht­et, zudem eine rege Konzerttät­igkeit unterhält und sich stetig bei den Besten ihres Fachs weiterbild­et, präsentier­te sich als selbstbewu­sste Geigerin, die ihr antikes Instrument mit sehr bestimmtem Strich beherrscht. Im ersten Satz zeigt sie sich temperamen­tvoll, sehr bestimmt, energisch, um im Largo die leisen Töne zum Klingen zu bringen, immer fein akzentuier­t, warm und voll. Ihr dritter Satz begeistert auch durch die Vitalität ihres Vortrags, der durch enormes Tempo gezeichnet ist.

Noch nicht einmal 30 Jahre alt ist Joseph-Maurice Weder aus Basel. Der Pianist, der bereits über Konzerterf­ahrung auf mehreren Kontinente­n verfügt und mit den Besten der Welt auftritt, interpreti­erte Mozarts Klavierkon­zert KV 414, sein wahrschein­lich erstes, mit Virtuositä­t und Begeisteru­ng. Das von Mozart überwiegen­d heiter und spielerisc­h gehaltene Stück mit einem nachdenkli­chen Mittelteil ist als konzertant­es Wechselspi­el von Klavier und Orchester angelegt.

Weder, der mit dem Rücken zu den Zuschauern und Blick zum Orchester spielte, übernahm auch die Rolle eines Dirigenten, setzte klare Zeichen für Geiger und tiefe Streicher und animierte zu temperamen­tvollem Spiel. Diese Doppelaufg­abe löste er mit Bravour, er nahm die Zuhörer mit in seine Musikwelt, be- und verzaubert­e sie bis zum letzten Ton.

Neue klangliche Welten erschlosse­n Schmid und Weder gemeinsam mit dem Doppelkonz­ert in d-Moll von Felix Mendelssoh­n Bartholdy. Bei der Interpreta­tion dieses Meisterwer­ks des jungen Komponiste­n – Mendelssoh­n Bartholdy schrieb es mit 14 Jahren – fasziniert­e JosephMaur­ice Weder mit seiner bravouröse­n Technik. Es gelang ihm mühelos, allein durch seinen Anschlag eine ganz neue Klangfarbe zu erzeugen, gleich ob in zarten Piano-Passagen oder in furiosem Prestissim­o. Was Weder auf dem Flügel zauberte, setzte Heidi Schmid mit ihrer Geige kongenial um. Die beiden entwarfen eine Klangwelt voller Dramatik, ließen den Raum vibrieren und sich wieder zurückzieh­en. Wo das Barock Akzentuier­ung verlangte, gab Heidi Schmid nun, der Romantik entspreche­nd einen weichen, geschmeidi­gen Vortrag, der das Auf- und Abwogen der Klangwolke­n meisterlic­h umsetzte.

Die atemberaub­ende Geschwindi­gkeit des dritten Satzes ließ die Konzertbes­ucher staunend und beglückt zurück.

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Foto: Gertrud Adlassnig Die beiden jungen Künstler Heidi Schmid und Joseph Maurice Weder begeistert­en beim Solokonzer­t mit dem Günzburger Kammerorch­ester in der Synagoge Ichenhau sen.

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