Mittelschwaebische Nachrichten
Mindelaltheims berühmtester unbekannter Sohn
Was der Jesuit Caspar Torrentinus mit einem Wittelsbacher Herrscher zu tun hatte
Mindelaltheim Kennen Sie Caspar Torrentinus? Selbst wenn man diese Frage einem Einwohner von Mindelaltheim (Gemeinde Dürrlauingen) stellen würde, gäbe es als Antwort vermutlich nur verdutztes Kopfschütteln. Dabei ist Torrentinus der wohl bekannteste Sohn des kleinen Ortes.
Der gebürtige Mindelatheimer hat es nämlich bis an den bayerischen Fürstenhof nach München geschafft. Also in jenes Zentrum der Macht, von dem aus das Wittelsbacher Geschlecht die Geschicke Bayerns für Jahrhunderte lenkte. Über 30 Jahre lang vertraute sich dort Herzog Wilhelm V. persönlich Torrentinus als Beichtvater an.
1555 wurde der Geistliche in Mindelaltheim geboren. Ursprünglich hieß er wohl Kaspar Scheppach und stammte aus einer der hiesigen Bauernfamilien. Ungewöhnlich spät, nämlich mit 19 Jahren, ging Scheppach zu einer Art Vorstudium an die Dillinger Jesuitenuniversität. Dies ist den Akten des Bistumarchivs Augsburg zu entnehmen.
Anschließend schrieb sich der Mindelaltheimer an der Universität Ingolstadt als Student des kirchlichen und weltlichen Rechts ein. 1585 wurde ihm schließlich der Doktortitel in diesen Fächern zuerkannt. Es folgte ein Intermezzo als Domherr in Freising und das Studium der Theologie, wenngleich die Quellen über die Reihenfolge der Stationen in Widerspruch stehen. Anschließend war er in Ingolstadt als Dozent tätig.
Scheppach wird den Überlieferungen zufolge als Caspar Torrentinus bezeichnet. Es ist also möglich, dass er sich zu dieser Zeit einen lateinischen Namen aneignete, so wie es viele Gelehrte damals taten.
Der Mindelaltheimer unterrichtete außerdem einen gewissen Anton Welser aus dem berühmten Augsburger Patriziergeschlecht. Ihn begleitete er auf Reisen in Frankreich und im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Als Welser später in den Orden der Jesuiten eintrat, tat es ihm sein Lehrer gleich.
1594 folgte der Höhepunkt seiner geistlichen Karriere: Mit 40 Jahren wurde Torrentinus Beichtvater des bayerischen Herzogs Wilhelm V.
Wilhelm bestieg 1579 den Thron, als der Konflikt zwischen protestantischen und katholischen Landesherren in vollem Gange war. Der Wittelsbacher unternahm während seiner 18-jährigen Regentschaft große Anstrengungen, um den katholischen Glauben in Bayern zu festigen. Unter Wilhelm, welcher „der Fromme“genannt wird, erlebten etwa Prozessionen und die Reliquienverehrung eine Blütezeit. Gleichermaßen gehörten jedoch auch Hexenverfolgungen zur Religionspolitik des Herzogs.
Wilhelm vertraute den Jesuiten, um den evangelischen Einfluss auf Bayern abzuwehren, so Tobias Appl in seiner Doktorarbeit über den Herzog. Ihnen errichtete er die gewaltige Michaelskirche in der Nähe des Münchner Stachus, der erste große Renaissancebau nördlich der Alpen.
Obwohl er Jesuit war, hatte Torrentinus auf die Politik Wilhelms wohl nur wenig Einfluss. Unbestritten ist jedoch seine Bedeutung als Beichtvater für das private Frömmigkeitsleben des Wittelsbachers. Gerade im Alter widmete sich Wilhelm mehrere Stunden täglich dem Gebet.
1597, drei Jahre nach Torrentinus’ Auftreten am Hof, übergab der Herzog die Regentschaft an seinen Sohn Maximilian I. Doch bis zu seinem Tod im Jahr 1626 bekannte Wilhelm weiterhin seine Sünden vor dem Mindelaltheimer. Torrentinus selbst starb am 24. März 1635 im Alter von etwa 80 Jahren in München.
Dem Jesuitenforscher Bernhard Duhr zufolge wird er in einer Ordenschronik etwa 120 Jahre später als „Muster für alle Hofbeichtväter“gerühmt, da er in seinem Dienst „Bescheidenheit und Gebetseifer mit großer Freiheit und Klugheit“vereint habe.
Offen bleibt, inwiefern der Geistliche seinem Heimatdorf verbunden war. Auffallend ist, dass während seiner Lebenszeit ein Kruzifix auf einer Wiese bei Mindelaltheim aufgestellt wurde. Für eine Verbindung zu Torrentinus spricht, dass die Jesuiten zu dieser Zeit der Kreuzverehrung besonders zugewandt waren. Nach und nach entwickelte sich aus der Stätte ein Wallfahrtsort. Noch heute zeugt die Heilig-KreuzKirche am Ortsrand hiervon.
Insgesamt ist das Wissen über den Pater jedoch noch zu gering, um einen derartigen Zusammenhang mit Gewissheit herzustellen. Viele Akten, etwa zum Briefwechsel Wilhelms V., gilt es noch in den Archiven zu sichten. Sie bergen sicherlich weitere Details über Torrentinus. Noch fehlen etwa der genaue Bestattungsort sowie ein Porträt des Mindelaltheimers.