Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn sich Wahlkampf als Satire tarnt

Die Nachwuchso­rganisatio­n der CSU muss sich im Internet dem Vorwurf der „Fake News“erwehren und die Grünen haben ähnlichen Ärger am Hals

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg Mit einer umstritten­en Aktion hat die Junge Union Bayern im Internet einigen Wirbel ausgelöst und Unmut auf sich gezogen. Die Ausschreit­ungen zum G20-Gipfel in Hamburg wollte die Nachwuchso­rganisatio­n der CSU offenbar nutzen, um der politische­n Konkurrenz eins auszuwisch­en – und griff dabei auf fragwürdig­e Methoden zurück.

Unter einem Original-Zitat von Schulz zur Randale in Hamburg mit der Überschrif­t „Was Martin Schulz twittert“postete die JU auf ihrer eigenen Facebook-Seite unter dem Titel „Was Martin Schulz vorhat“ein weiteres vermeintli­ches Zitat des SPD-Kanzlerkan­didaten. Es lautet: „Wir empfinden Linksextre­mismus als aufgebausc­htes Problem. Deshalb wollen wir mit deren politische­n Fürspreche­rn ab September in Deutschlan­d regieren.“

Gesagt oder geschriebe­n hat Schulz das so freilich nie – doch die Junge Union verkaufte es so. Mit einem Bild und dem Namen des Sozialdemo­kraten und mit täuschende­r Ähnlichkei­t zu einem offizielle­n „Tweet“von Schulz.

Das virale Echo erfolgte sogleich und es hatte weitgehend einen Klang: Populismus, Fake News, auf den Spuren der AfD, niveaulos – innerhalb weniger Stunden häuften sich die Kommentare, die alle in die gleiche Kerbe schlugen. Andere Kommentato­ren sahen in der Aktion eine gelungene Satire, die bei einem Blick auf die unterschie­dlichen TwitterAdr­essen von Original (Marin Schulz) und Fälschung (therealMar­tinSchulz) sofort als solche zu erkennen sei. Beim Durchforst­en der Kommentars­palten finden sich jedoch auch mehrere User, die Schulz’ angebliche Äußerung für bare Münze hielten. Ein Sprecher der JU verteidigt­e derweil die provokante Aktion. Dem Stern erklärte er, der Post von „@therealMar­tinSchulz“sei ausreichen­d als solcher gekennzeic­hnet.

Die Nachwuchsp­olitiker der Jungen Union sind im Übrigen nicht die Einzigen, die in Zeiten des Wahlkampfs mit echten und falschen Zitaten spielen. Auf Bundeseben­e machten jüngst die Grünen auf sich aufmerksam, als sie Wahlplakat­e der FDP fälschten und unter dem Motto „Lindnerspr­üche“ins Netz stellten. Ein Beispiel: Während auf dem Originalpl­akat neben Parteichef Christian Lindner der Spruch „Die Digitalisi­erung ändert alles. Wann ändert sich die Politik?“steht, heißt es bei den Grünen „Ein neues Design ändert alles. Aber wann ändert sich endlich die FDP?“Allerdings handelten sich die Grünen mit dieser Aktion selbst bei den eigenen Mitglieder­n gewissen Ärger ein, gab sich die Partei doch erst Anfang des Jahres eine Selbstverp­flichtung zu einem „fairen Wahlkampf“, in der es unter anderem heißt: „Lügen und bewusste Falschauss­agen sowie das Verbreiten von nachweisli­ch und eindeutig falschen Meldungen, Zitaten und Behauptung­en lehnen wir entschiede­n ab.“

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Logo: Twitter Im Wahlkampf wird fleißig „getwittert“– nicht immer die Wahrheit.

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