Mittelschwaebische Nachrichten
Daumen raus und durch den Orient
K!ar.Texter Stefan Foag ist per Anhalter von Dubai nach Hafenhofen gereist
Läufer auf g5. Wechsel. Ich stehe auf und halte meinen rechten Daumen Richtung Fahrbahn. Während mein Kumpel überlegt, wie er seine Dame retten kann, versuche ich, einen Autofahrer dazu zu bewegen, uns mitzunehmen. 500 Meter von der bulgarischen Grenze entfernt, sind wir in Serbien und warten bereits seit eineinhalb Stunden darauf, dass jemand für uns anhält. Um der Langeweile vorzubeugen, spielen wir Schach. Einer macht einen Zug, während der andere Autos stoppt; anschließend wird getauscht. Ach wie einfach es doch noch war, als wir im Ursprungsland dieses Spiels waren.
Im Iran, wo wir uns vor guten zwei Wochen noch befanden, mussten wir nie länger als fünf Minuten warten. Viele Leute hielten für uns und boten uns voller Begeisterung ihre Hilfe an. Auf der Fahrt selbst wurden wir stets mit Tee, Nüssen, Cola und mehr verköstigt. Die Gastfreundschaft war unbeschreiblich.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass „Couchsurfing“dort sehr gut funktioniert, obwohl es von der Regierung verboten ist. Auf der gleichnamigen Internetseite erstellt man dazu ein Profil, das einen selbst kurz vorstellt. Dann fragt man andere Mitglieder dieser Seite, die in der angepeilten Stadt leben, ob man bei ihnen übernachten kann. Das ist nicht nur kostenlos, sondern auch die perfekte Gelegenheit, ortskundige Menschen kennenzulernen.
Auf unserer ganzen Reise sind wir vielen tollen Persönlichkeiten begegnet. Oftmals haben diese uns durch die Stadt geführt und uns die kulinarischen Spezialitäten der jeweiligen Region nähergebracht. All die iranischen Leckereien rund um Fleischspieße, Tomaten-Omeletts und verschiedene Brote waren großartig. Unsere Augen wurden dagegen mit prachtvollen Moscheen, riesigen Märkten und beeindruckenden Berglandschaften verwöhnt.
Hier in Serbien bieten die Ausläufer des Balkangebirges mit ihren grünen Laub- und Nadelbäumen bereits ein vertrauteres Bild. Nach etwa zwei Stunden Wartezeit hält plötzlich ein riesiger LKW, um uns ein gutes Stück Richtung Belgrad, unserem nächsten Ziel, mitzunehmen. Da unsere Schachpartie unglaublich spannend ist, nehmen wir das Brett unverändert mit in das große Gefährt. Dennoch vergessen wir natürlich nicht, mit unserem Fahrer zu reden. Trotz geringer Englischkenntnisse macht er uns klar, dass er aus der Türkei kommt.
Vor zwei Tagen, waren wir noch in diesem Land. Aus dem Iran kommend haben wir versucht, das dünn besiedelte Ostanatolien per Anhalter zu durchqueren. Binnen zwei Tagen wollten wir 1300 Kilometer hinter uns bringen. Doch als wir uns am zweiten Nachmittag in einem winzidabei gen Ort an der kaum befahrenen Straße Richtung Westen befanden, kamen wir schlicht nicht weiter. Zähneknirschend musste ich akzeptieren, dass es aufgrund unseres engen Zeitplans klüger ist, in einen Bus zu steigen. Erstmalig mit unserem Prinzip, nur trampen zu wollen, gebrochen, fuhren wir also rund 700 Kilometer zu unserem nächsten Ziel.
Angetan von der schönen Natur gelangten wir nach Kappadokien. In der märchenhaften Hügellandschaft, wo viele alte, in Felsen gebaute Wohnungen zu finden sind, haben wir zwei Nächte verbracht. Mit Ankara und Istanbul durfte ich dann die bedeutendsten Städte der Türkei erleben. Zurück in Europa verbrachten wir dann noch einen Tag in Sofia. Nach einer Führung durch die bulgarische Hauptstadt, waren wir sehr begeistert vom Nationaltheater, der St. Petka Kirche, der Banja-Baschi-Moschee und der St. Alexander Nevski Kathedrale.
Langsam neigt sich unsere Schachpartie dem Ende. Leider trifft das auch auf unsere Reise zu. An einer Raststätte lässt uns der türkische Fahrer raus. Es sind noch etwa 140 Kilometer bis nach Belgrad. Zwei Tage wollen wir dort verbringen, bis es über Ungarn und Österreich wieder nach Hause geht.