Mittelschwaebische Nachrichten
Warum das Kernkraftwerk jetzt vom Netz soll
Der Bund Naturschutz sammelt Unterschriften für die sofortige Abschaltung beider Atommeiler in Gundremmingen
Günzburg Ende des Jahres geht Block B vom Netz. Mit dem 31. Dezember 2021 ist das Atomstrom produzierende Kernkraftwerk Gundremmingen dann endgültig Geschichte, wenn auch Block C abgeschaltet wird. Aber das dauert den bayerischen und baden-württembergischen Landesverbänden des Bundes für Umwelt und Naturschutz zu lange. Am Mittwoch haben sich Vertreter in Günzburg getroffen – der Auftakt, bis Ende Oktober viele Unterschriften zu sammeln.
Diejenigen, die unterzeichnet haben, unterstützen die an den Bayerischen Landtag gerichtete Petition. Gefordert wird die sofortige Abschaltung der beiden Reaktoren noch in diesem Jahr. Zwischen Ulm und Augsburg – formulieren der Umweltverband und die regionale Bürgerinitiative Forum – „liegt Deutschlands größtes und gefährlichstes Atomkraftwerk“. In Gundremmingen laufen die beiden letzten von einst zehn in Deutschland betriebenen Siedewasserreaktoren. Die veraltete Technik biete weniger Sicherheitsreserven, weil es statt zweier getrennter Kühlkreisläufe nur einen Hauptkreislauf gebe, lautet ein Argument.
Außerdem haben aus Sicht der Initiatoren weder Block B noch C die vorgeschriebenen, unabhängig voneinander funktionierenden Notund Nachkühlsysteme, die im Falle des Falles sofort und zuverlässig verfügbar sein müssen. Einer dieser „Stränge“ist laut einem von den Grünen in Auftrag gegebenen Gutachten als nicht erdbebensicher eingestuft worden, sagt Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz im Bund Naturschutz in Bayern.
Kernkraftwerkssprecher Tobias Schmidt hat eine völlig andere Sicht: Block B und C entsprächen mit Blick auf die Nachkühlsysteme sehr wohl den Anforderungen. Die GRS (Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit) habe als Gutachterorganisation des Bundesumweltministeriums und damit der obersten Atomaufsichtsbehörde in Deutschland zum hier zur Diskussion stehenden, vierten Nachkühlsystem beider Blöcke festgestellt, dass es „als einem Sicherheitssystem gleichwertig“angesehen werden kann. Weiter sagte Schmidt: „Dass ein Auftragsgutachten für Bündnis 90/Die Grünen gerade in Wahlkampfzeiten zu einem anderen Ergebnis kommt, wird niemanden überraschen.“
Der Bund Naturschutz führt noch ein Argument an, das „eher formalistischer Art ist und von dem wir erst während der Anhörung zum Rückbau erfahren haben“, sagt Barthel. „Es existiert nur eine Betriebsgenehmigung für beide Blöcke. Wir halten es daher für nicht legitim, dass nun die Abschaltung der zwei Reaktoren zu unterschiedlichen Zeiten erfolgen soll.“
Über ihre Verbandszeitschrift Natur+Umwelt und über Stände in den Fußgängerzonen sollen mindestens 200000 Menschen erreicht und der Löwenanteil davon soll auch zur Unterschrift bewegt werden. Karsten Schultz-Ninow, Vorsitzender der Kreisgruppe Günzburg im Bund Naturschutz, hat verschiedene Aktionen im Landkreis angekündigt, die aber erst noch koordiniert werden müssten. Am 18. Juli ist vorgesehen, einen ersten kleinen Teil der Unterschriften an Barbara Stamm zu überreichen. Angefragt ist die Landtagspräsidentin jedenfalls. Gelingt dies nicht, wird Christian Magerl die Listen in Empfang nehmen. Der Grünen-Abgeordnete leitet im Landtag den Umweltausschuss, der sich vermutlich dann auch mit der Petition beschäftigen dürfte; zudem ist er Mitglied des Petitionsausschusses. »Kommentar