Mittelschwaebische Nachrichten
Ulm soll digitale Vorzeigestadt werden
Oberbürgermeister Gunter Czisch blickt optimistisch in die Zukunft, findet aber auch mahnende Worte
Ulm Hunderte Regenschirme wurden gestern auf dem Weinhof aufgeklappt. Denn trotz Schmuddelwetters und Dauerregens war für viele Ulmer und Besucher von außerhalb die Schwörfeier ein Pflichttermin. Oberbürgermeister Gunter Czisch legte zum zweiten Mal Rechenschaft vor den Bürgern ab und erneuerte den Schwur, „Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein“. Und er blickte auf die vielen Baustellen der Stadt, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.
„Die wichtigsten Themen für Ulm sind die Themen digitale Welt, Mobilität, Energie, Infrastruktur“, sagte Czisch. „Auf diesen vier Feldern liegen gleichzeitig auch unsere Stärken.“Ulm habe nicht nur eine Wissenschaftsstadt, sondern sei eine solche. Es gelte, gemeinsam mit allen Beteiligten dieses Netzwerk aus Wissenschaft und Wirtschaft weiterzuentwickeln. Innovative digitale Unternehmen müssten gefördert werden. „Unser Ziel ist: Ulm – Zukunftsstadt 2030 – wird digitale Vorzeigestadt.“Bürgerschaftliches und unternehmerisches Engagement spielten eine Hauptrolle dabei. Als Beispiele nannte er das „Verschwörhaus“, einen Treffpunkt für kreative digitale Köpfe, oder den Flugsimulator „Birdly“, mit dem jeder Albrecht Berblingers Traum vom Fliegen virtuell verwirklichen kann. Aber auch im Bereich Verkehr setzt der Oberbürgermeister auf den Einsatz moderner Technik, etwa beim autonomen Fahren oder beim intelligenten Verkehrsmanagement. Mobilität werde individueller und vielfältiger, vernetzter und digitaler. „Wir wollen den Weg dazu vorbereiten, zum Beispiel in der Ulmer Innenstadt als Testraum für Mobilität und 5- G-Technologie, damit Forschung und Entwicklung mit der Stadt Hand in Hand gehen“, kündigte Czisch an. Damit ist der nächste Mobilfunkstandard gemeint. Czisch betonte, dass Bildung und Betreuung in Ulm weiterhin oberste Priorität hätten und dass künftig der Grundsatz gelte: „Sanierung und Modernisierung vor Neubau.“Denn obwohl die Wirtschaft floriere, stießen die Finanzen der Stadt an ihre Grenzen. Insbesondere Straßen und Brücken, aber auch viele Gebäude aus den 60er-Jahren müssten saniert werden. Klare Worte fand er zum Thema Gewalt und Randale, nicht nur vor dem Hintergrund der Ausschreitungen kürzlich in Hamburg: „Wir sagen denen, die unter dem Mantel des grundgesetzlich garantierten Demonstrationsrechts nur Hass, Gewalt und Zerstörung im Sinn haben: Ihr habt kein politisches Anliegen, ihr seid einfach nur gewöhnliche Kriminelle!“Besorgt blickte Czisch auf Europa, das in einer Krise stecke. Es gebe aber keinen Grund, zu resignieren. „Immer mehr Menschen erheben ihre Stimme für Europa, auch in Ulm, zum Beispiel mit der Aktion ,Pulse of Europe’“.