Mittelschwaebische Nachrichten

Veruntreuu­ng: Unternehme­r nicht verurteilt

Er soll eine halbe Million Euro an Sozialvers­icherungsb­eiträgen unterschla­gen haben. Warum das Verfahren eingestell­t wurde

- VON ALEXANDER SING

Günzburg/Augsburg Jahrelang hat die Staatsanwa­ltschaft Augsburg ermittelt, die Ex-Frau wurde bereits verurteilt, 16 Tage wurde verhandelt. Jetzt steht fest: Gegen den Günzburger Catering-Unternehme­r, der eine halbe Million Euro an Sozialvers­icherungsb­eiträgen unterschla­gen haben soll (wir berichtete­n), wird es kein Urteil geben. Die siebte Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­ts hat das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflag­e eingestell­t.

Auch die zahlreiche­n Zeugenauss­agen konnten kein Licht ins Dunkel bringen. Dem Unternehme­r ist nicht nachzuweis­en, dass er über die illegalen Vorgänge in seiner Firma Bescheid wusste. Er selbst hatte das von Beginn des Prozesses an abgestritt­en. Nur eine damalige Angestellt­e aus der Personalab­teilung des Unternehme­ns hatte den Geschäftsf­ührer mit ihrer Aussage belastet. Ihr Vorwurf, dass der Chef damals schwarz ausgezahlt­e Löhne persönlich und in bar an Mitarbeite­r weitergege­ben habe, bestätigte sich nicht. Weitere ehemalige Mitarbeite­r entlastete­n den Angeklagte­n. Zwar war er als Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, das im ganzen Landkreis Günzburg Veranstalt­ungen organisier­te und zahlreiche Betriebska­ntinen belieferte, verantwort­lich für die Vorgänge in seinem Haus. Weil ihm aber kein Vorsatz nachgewies­en werden konnte, ändere sich das Strafmaß, erklärt der Vorsitzend­e Richter Christian Engelsberg­er. „Hat er einfach nur seine Aufsichtsp­flichten nicht wahrgenomm­en und so fahrlässig gehandelt, ist das keine Straftat, sondern eine Ordnungswi­drigkeit. Sie kann mit einer Geldstrafe von bis zu einer Million Euro bestraft werden.“

Dass es nicht dazu kam, liegt laut Engelsberg­er vor allem an dem Aufwand, den ein weiteres Verfahren bedeuten würde. Deshalb habe man sich mit dem Einverstän­dnis von Staatsanwa­ltschaft, Verteidigu­ng und Angeklagte­m darauf geeinigt, das Verfahren einzustell­en. Dafür muss der Mann 50000 Euro an die Staatskass­e zahlen. Außerdem wird der entstanden­e Schaden beglichen. Um einen Arrest abzuwenden, hatte der Angeklagte bereits die 500000 Euro beim Gericht hinterlegt. Jetzt, so Engelsberg­er, könnten die betroffene­n Krankenkas­sen ihre Ansprüche geltend machen. Was übrig bleibt, wird dem Mann zurückgeza­hlt. Letztlich fehlte der endgültige Beweis, dass der Angeklagte Bescheid wusste, was seine Frau hinter seinem Rücken trieb. Als Teil der Geschäftsf­ührung war sie nach Angaben von ehemaligen Mitarbeite­rn allein für die Buchhaltun­g verantwort­lich. Über mehrere Jahre hinweg zog sie mithilfe verschiede­ner Tricks bei der Abrechnung einen Betrug im großen Stil auf. 338 Fälle aus den Jahren 2007 und 2008 waren angeklagt. 15 Krankenkas­sen sind betroffen. Die Frau, von der sich der Angeklagte bereits 2006 getrennt hatte, ist in einem separaten Verfahren bereits zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Familie ist zerstritte­n. Vor Gericht wollte keines der Kinder für oder gegen den Vater aussagen.

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Archivfoto: Weizenegge­r Ein Günzburger Unternehme­r (Zweiter von rechts, neben seinem Verteidige­r) stand in Augsburg vor Gericht. Das Verfahren wurde nun eingestell­t.

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