Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Talent will sich nach oben boxen

Matas Miliunas aus Bubesheim möchte ein berühmter Thai-Boxer werden. Beinahe hätte er sein Land sogar bei den World Games vertreten. Wie es dazu kam

- VON ALEXANDER SING

Bubesheim/Langenau Selbst durch die geschlosse­ne Tür der Sporthalle dringt dieses peitschend­e Geräusch. Immer wieder knallt es laut. So klingt es, wenn Matas Miliunas seinen Rechtskick auspackt. Immer wieder knallt das Schienbein des 18-Jährigen gegen das Schlagpols­ter seines Trainers. Ein Tritt, der auch den stärksten Mann umwerfen kann.

Die ganze vergangene Woche hat das Bubesheime­r Kampfsport-Talent täglich trainiert, stundenlan­g. Auslöser des Trainingse­ifers war ein Anruf vom Muay-Thai-Bund Deutschlan­d. Miliunas wurde kurzfristi­g als Ersatzkämp­fer für die World Games nominiert. Dieses sportliche Großereign­is findet, wie die Olympische­n Spiele, alle vier Jahre statt. Athleten aus aller Welt messen sich dort in 35 nicht olympische­n Sportarten wie Tanzen, Inlinehock­ey, Squash oder eben ThaiBoxen. Bei den diesjährig­en World Games im polnischen Breslau sind mehr als 3200 Sportler dabei, davon 190 aus Deutschlan­d. Und einer von ihnen sollte der 18 Jahre alte Bubesheime­r sein?

Nach dem Anruf des Verbands brach bei Miliunas’ Heimatvere­in TSV Langenau Hektik aus. Nicht nur die mögliche Reise wollte geplant sein. Der junge Thai-Boxer musste auch innerhalb einer Woche sechs Kilo abspecken, um für den Fall der Fälle die Gewichtskl­asse bis 75 Kilogramm zu schaffen. Dieses Ziel soll mit einer radikalen Ernährungs­umstellung und viel Training erreicht werden. Außerdem, erzählt Trainer Robert Richter, gebe es ein paar Tricks, um beim Wiegen vor dem Kampf das passende Gewicht auf die Waage zu „schummeln“. „Gesund ist das natürlich nicht“, sagt Miliunas. „Wenn wir es früher gewusst hätten, hätte ich mich anders vorbereite­t.“So ist es Stress pur. Zumal der 18-Jährige erst einen Tag vor dem ersten möglichen Kampf erfährt, ob er einspringe­n muss. Das passiert dann, wenn sich ein gesetzter Kämpfer verletzt oder beim Wiegen durchfällt.

Äußerlich merkt man Miliunas am Tag der Entscheidu­ng nichts an. Vielleicht auch, weil er und sein Trainer sich keine wirklichen Chan- cen ausrechnen. „Wenn er dort überhaupt etwas reißt, wäre das schon ein Wunder“, sagt Richter. Auch deshalb soll Miliunas in eine niedrigere Gewichtskl­asse. Denn in einer höheren Klasse wären die Chancen des Nachwuchst­alents noch geringer.

Dabei kommt die Nominierun­g nicht von ungefähr. Miliunas ist amtierende­r Junioren-Weltmeiste­r in seiner Gewichtskl­asse. Bei der Weltmeiste­rschaft der Senioren im Mai holte der damals noch 17-Jährige einen überragend­en vierten Platz. Kein Wunder, dass der Verband auf der Suche nach einem Ersatzkämp­fer bei dem Bubesheime­r angeklopft hat.

Der TSV Langenau hat sich in der Szene schon länger einen Namen als Talentschm­iede gemacht. Neben Miliunas hat der Sportverei­n aus dem Alb-Donau-Kreis mit der 15-jährigen Nicole Zajcev noch eine weitere Nachwuchsh­offnung hervorgebr­acht. Sie kämpft im August in Bangkok um den Junioren-Weltmeiste­rtitel, den sie im vergangene­n Jahr noch knapp verpasst hatte.

Thai-Boxen erfährt derzeit auch in Deutschlan­d einen kleinen Boom. Seit das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) den Sport anerkannt hat, ist das Muay Thai auch für Profis attraktive­r geworden. Sponsorenu­nd Fördergeld­er winken. Auch Matas Miliunas würde am liebsten von seinem Hobby leben können. „Einen Vertrag und dann für Kämpfe eine Gage zu bekommen, in der Szene richtig berühmt werden, das wäre toll.“Doch dafür fehlen in Deutschlan­d sowohl die richtigen Gegner als auch der Markt. Umso wichtiger ist es, internatio­nal auf sich aufmerksam zu machen.

Über die World Games hat das dann doch nicht geklappt. Es sei kein Anruf vom Verband mehr gekommen, erzählt Trainer Robert Richter später am Tag. Und er klingt erleichter­t dabei. Kein Wunder, schließlic­h hätte er dann innerhalb von acht Stunden mit seinem Schützling nach Polen fahren müssen. Dann doch lieber weiter in Ruhe an der Karriere arbeiten. Die nächste Chance für Miliunas kommt schon im Oktober. Dann findet in Paris die Muay-Thai-Europameis­terschaft statt.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Matas Miliunas (rechts) trainiert hart für sein Ziel, ein berühmter Thai Boxer zu werden. Sein Coach Robert Richter vom TSV Langenau war mit seinem Schützling schon auf vielen Turnieren auf der ganzen Welt.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Matas Miliunas (rechts) trainiert hart für sein Ziel, ein berühmter Thai Boxer zu werden. Sein Coach Robert Richter vom TSV Langenau war mit seinem Schützling schon auf vielen Turnieren auf der ganzen Welt.

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