Mittelschwaebische Nachrichten
Was Oberärzte tun
Die Mediziner teilen die Kritik der Personalratsvorsitzenden nicht, dass einige von ihnen die Assistenzärzte stärker entlasten könnten
Günzburg Von einer „angespannten Lage“im Kreiskrankenhaus Günzburg hatte vor knapp zwei Wochen der kaufmännische Direktor Helmut Sauler gesprochen. Gemeint war damit die überbordende Bürokratie, die Erhebungen zufolge bis zu einem Drittel eines Arbeitstages einnehme; gemeint war auch, dass es nicht nur beim Pflegepersonal schwer falle, sondern auch seit geraumer Zeit in der Ärzteschaft, Stellen nachzubesetzen. Ein Blick ins Internet bei den „aktuellen Stellenangeboten“der Klinik belegt dies: Ein Assistenzarzt oder eine -ärztin werden jeweils für die Abteilungen Gynäkologie und Chirurgie gesucht. Der Pflegedienst soll in der Notaufnahme und für die Intensivstation verstärkt werden – und in der Kinderkrankenpflege. Außerdem ist die Klinik auf der Suche nach einer freiberuflichen Hebamme oder einem Entbindungspfleger. Ausgeschrieben ist ebenfalls die pflegerische Gesamtleitung im Bereich OP/Anästhesie. Da kommt es offenbar zur Unzeit, dass die Personalratsvorsitzende des Kreiskrankenhauses, Helga Springer-Gloning, auf Nachfrage unserer Zeitung von einer ungerechten Verteilung der Arbeit zulasten der jungen Assistenzärzte gesprochen hatte. Abhilfe könnten einige Oberärzte schaffen, sie „tun es aber nicht“, sagte sie.
Das hat im Haus selbst, so die Informationen der Günzburger Zeitung, Wellen geschlagen. Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kreiskliniken Günzburg-Krumbach, betonte gestern in einem Gespräch, wie sehr sich das Leistungsspektrum der Fach- bzw. Oberärzte in den vergangenen Jahren erweitert habe – was politisch gewollt gewesen sei. Sogenannte „gebietsweitergebildete“Fachärzte sind das dann – im Prinzip Spezialisten, die innerhalb ihrer medizinischen Disziplin nicht in allen Bereichen eingesetzt werden können.
Rehbein sprach von acht solchen Gebieten im Günzburger Kreiskrankenhaus, das weit mehr als nur der Grundversorgung diene. Drei chirurgische und zwei internistische Bereiche zählte er auf. Dazu komme noch die Anästhesie, die Radiologie und die Geburtshilfe.
Für die erbrachten Behandlungsleistungen, die gegenüber dem Krankenhaus von den Kassen in Fallpauschalen abgerechnet werden, nehmen die Oberärzte mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung offensichtlich eine zentrale Rolle ein.
Die Mediziner sind mit der aus ihrer Sicht zu pauschal abgefassten Kritik der Personalratsvorsitzenden nicht einverstanden. Zwar versehen die Assistenzärzte die Bereitschaftsdienste in der Klinik vor Ort. Für erfahrene Kollegen in der Rolle eines Oberarztes bedeutet das aber nicht, sich um den Klinikbetrieb nicht mehr kümmern zu müssen, bestätigen Slawa Miller (Unfallchirurg), Dr. Thomas Dankinger (Internist), Dr. Sabine Hofmann (Viszeralund Allgemeinchirurgin) und Dr. Carsten Einfeld (Anästhesie) ebenfalls in diesem Gespräch. Die Rede ist von zehn Rufbereitschaftsdiensten im Monat. Ein Theaterbesuch oder vergleichbare Freizeitveranstaltungen kommen an diesen Abenden nicht infrage. Kommt der Anruf vom Assistenzarzt aus dem Krankenhaus, kann das bestenfalls telefonisch abgeklärt werden. Taucht ein wirklich großes Problem auf, ist die Rufbereitschaft dazu verpflichtet, unter Umständen innerhalb einer Viertelstunde vor Ort zu sein.
„Ohne ein wirkliches Team zu sein, könnten wir für die Patienten gar nicht so da sein, wie wir da sind“, sagt die Viszeralchirurgin Hofmann und verweist darauf, dass sie als Oberärztin durchaus Aufgaben eines Assistenten übernehme, falls dieser gerade mit anderen Dingen beschäftigt sei.
Dass Ärzte den Standort Günzburg verlassen könnten und auf der Stelle woanders einen Job bekämen, steht für Rehbein in einer Situation, in der alle Krankenhäuser in Deutschland qualifiziertes Personal suchen, „völlig außer Frage“. Und gerade deshalb ist es ihm wichtig, eine schlechte Stimmung unter der Belegschaft oder zwischen einzelnen Berufsgruppen erst gar nicht aufkommen zu lassen.