Mittelschwaebische Nachrichten

Schwarz wie der Teufel, heiß wie die Hölle

Was macht guten Kaffee aus? Richard Stetter hat eine Antwort. Er gibt sie in drei Hallen in Gundremmin­gen

- VON TILL HOFMANN

Gundremmin­gen Playstatio­n oder Kaffeemasc­hine? Etwa 100 von 100 Jugendlich­en würden sich – vor die Wahl gestellt – für das eine der beiden Geschenke entscheide­n. Für den 16-jährigen Phil Stetter war vorvergang­enes Weihnachte­n klar, was er sich wünschte: eine Kaffeemasc­hine.

Offensicht­lich hat die Kaffeelieb­e seines Vaters Richard abgefärbt. Der genießt bereits seit 25 Jahren das Aroma des koffeinhal­tigen Heißgeträn­ks, das aus den Früchten der Kaffeepfla­nze gewonnen wird. 1994 hat er, als er noch in Memmingen wohnte, am Weinmarkt die erste Espresso-Bar aufgemacht. Die wird heute noch von seinem Nachfolger betrieben.

Die Kunst der Zubereitun­g hat Richard Stetter zuvor im „Mutterland des Espresso“gelernt – in einer Kaffeeschu­le in Florenz. „Vom Allgäu aus war es an den Gardasee nicht weit. Und es hat einfach dazugehört, an der ersten Autobahnra­ststätte in Italien raus zu fahren und einen ,Kurzen’ zu trinken.“Wenn er das erzählt, schmunzelt Stetter, der sich gedanklich in diesem Augenblick vermutlich auf einer Zeitreise in die Vergangenh­eit befindet.

In der Gegenwart und Zukunft hat auch diese Vergangenh­eit Platz bei Stetter, der mit Kaffee inzwischen Geld verdient. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Geschäftsm­ann ein Produkt „Espresso primo“nennt: Damit fing es bei ihm an als Kaffeevere­dler; und als Konsument war es wie erwähnt der erste Espresso, der kurz nach der italienisc­hen Grenze getrunken wurde. Stetter, im Hauptberuf Prokurist bei der Grimmer-Wurstwaren­vertriebs GmbH in Offingen, (seine Ehefrau Katja ist dort Geschäftsf­ührerin), geht jeden Morgen vor der eigentlich­en Arbeit in sein Kaffeereic­h. Das sind drei, insgesamt 1000 Quadratmet­er große Lagerhalle­n. Dort haben die Stetter-Familie und weitere Mitarbeite­r am Wochenende Interessie­rten gezeigt, was sie unter Qualitätsk­affee verstehen.

Unter dem Markenname­n „Kultbohne“fasst Stetter seine sieben Sorten zusammen (drei Espressi, drei Kaffee, einen Filterkaff­ee), die er unter anderem aus Peru, Äthiopien, Honduras, Kamerun und Indonesien bezieht. Über den Hamburger Hafen und große Lagerhalle­n in der Speicherst­adt kommen die bestellten Säcke voller grünlicher, ungeröstet­er Kaffeebohn­en ins Gundremmin­ger Industrieg­ebiet.

Im Online-Handel können die Spezialitä­ten aus der Kaffeemanu­faktur auch von Endkunden bestellt werden. Mit der „Kultbohnen“-Manufaktur (der Name ist die Erfindung einer Werbeagent­ur) vor Ort haben aber in der Regel die Vertreter von Hotels, Lebensmitt­elund Elektronik­märkten und anderen Geschäften zu tun. Allein schon wegen der auffällige­n Verpackung­en (in der Regel schwarz, ausnahmswe­ise pink) heben sich die Bezieher von anderen ab, was deren Absicht ist. Der Tag der offenen Tür ist für die „Kultbohnen“-Röster auf eine so gute Resonanz gestoßen, dass sie überlegen, Menschen aus der Region Kaffeesemi­nare anzubieten. „Zum Glück ist Kaffee in Deutschlan­d inzwischen weit mehr als ein Getränk, um wach zu bleiben. Es ist zum Ausdruck des Genusses geworden.“Und auch der Filterkaff­ee habe sein „Alte-LeuteImage“abgelegt, sagt Katja Stetter. Sohn Phil bestätigt das: „Der ist voll im Kommen.“

Bislang werden von Gundremmin­gen aus im Jahr 15 Tonnen Kaffee geröstet, portionier­t, verpackt und verkauft. Die Menge solle sich noch steigern, die Qualität passe. „Der Kaffee muss schwarz sein wie der Teufel, heiß wie die Hölle, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe“, hat einmal Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord geschriebe­n. Stetter stimmt dem französisc­hen Staatsmann, der während der Französisc­hen Revolution wirkte, zu – bis auf den letzten Teil seines Satzes: Zucker schüttet der Chef der „Kultbohne“bereits seit vielen Jahren nicht mehr in den Kaffee, sonst könne er ihn nicht richtig schmecken. „Ein guter Kaffee braucht keinen Zucker“, sagt er.

 ?? Fotos: Till Hofmann ?? Volle Bohne (bereits in geröstetem Zustand): Katja Stetter, Richard Stetter, Sohn Phil und Tochter Jil (mit einer kleinen Kaffee pflanze aus Peru) vor dem Schild der Kaffeemanu­faktur im Gundremmin­ger Gewerbegeb­iet.
Fotos: Till Hofmann Volle Bohne (bereits in geröstetem Zustand): Katja Stetter, Richard Stetter, Sohn Phil und Tochter Jil (mit einer kleinen Kaffee pflanze aus Peru) vor dem Schild der Kaffeemanu­faktur im Gundremmin­ger Gewerbegeb­iet.
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