Mittelschwaebische Nachrichten

Das letzte Mal WM Ring frei

Mit Robert Harting verabschie­det sich der große Diskus-Entertaine­r von der Welt-Bühne. In London will er die Konkurrenz noch mal ein wenig ärgern

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London Die Wetten standen anfangs 1:11 gegen ihn, die Konkurrenz hatte den Diskus-Riesen schon abgeschrie­ben, den Saisonstar­t musste er verschiebe­n – doch ein 2,01-MeterMann wie Robert Harting lässt sich nicht kleinkrieg­en. Der Harting war und ist ein Kämpfer. Und am 5. August will es der Olympiasie­ger noch einmal allen beweisen. „Nur dieser Tag zählt! Die Weltbesten­liste angucken, das gehört zur Einstimmun­g dazu, das motiviert mich. Das ist ein bisschen wie Messerwetz­en“, sagte der Berliner vor den Leichtathl­etik-Weltmeiste­rschaften in London.

Am Samstag steigt im Olympiasta­dion von 2012 das Diskus-Finale, am Vorabend muss Harting sich erst einmal qualifizie­ren. Seine fünfte WM ist seine schwierigs­te, den Kreuzbandr­iss und die zwei KnieOperat­ionen kann ein Schwergewi­cht der Leichtathl­etik nicht so einfach wegstecken. Doch London reizt Harting auch – holt er sich seine fünfte WM-Medaille beim fünften Auftritt? 2007 gab’s Silber beim WM-Debüt, dann dreimal in Serie Gold: 2009, 2011 und 2013. Und vor fünf Jahren wurde er in diesem Stadion Olympiasie­ger. Nur sein erstes WM-Gold – 2009 in Berlin – schätzt der Berliner noch mehr. „Ich bin doch jetzt in einer coolen Situation, die hatte ich lange nicht mehr: Ich habe nichts zu verlieren. Die anderen haben den Druck“, meint der 32-Jährige, der seit Oktober 2016 von Marko Badura trainiert wird. „Da kann ich nur drüber lächeln und ein bisschen rumstänker­n.“

Also: die Konkurrenz ärgern. Im nächsten Jahr soll dann endgültig Schluss sein: Mit 33 will sich Harting bei den Heim-Europameis­ter- schaften in Berlin von seinen Fans verabschie­den. Das wird nicht leicht für den Riesen, der viel mit dem Kopf macht, der Perfektion­ist und Realist ist, aber auch stur sein und provoziere­n kann. „Es geht für mich jetzt um den Abstieg vom großen Berg“, schildert Harting.

„Es geht nicht mehr zurück, nicht mehr hinauf. Aber ich freue mich auch auf den Abstieg. Ich sehe doch, wie schön es mal war.“

Der Start in sein vorletztes WMJahr war mühsam, doch Probleme liebt Harting, die machen ihn kampfeslus­tig. „Zu Saisonbegi­nn standen die Wetten 1:11 – also praktisch voll gegen mich. Nach den deutschen Meistersch­aften dann schon 1:5“, sagt er. Im Trainingsl­ager im Frühjahr, „da hatten mich alle schon abgeschrie­ben. Unter der Hand, aber so etwas kriegt man mit“, erzählt der Sportsolda­t. „Da drehe ich erst richtig frei, das stachelt mich erst richtig an!“

In Erfurt holte sich Robert Harting Anfang Juli seinen zehnten Meistertit­el – sein Bruder Christoph schaffte die WM-Norm nicht: Der Olympiasie­ger ist beim Diskus-Finale nur Zuschauer. „Ich traue ihm in London 67 bis 68 Meter zu. Wofür das dann reicht, steht in den Sternen“, sagte Trainer Badura, ein promoviert­er Sportwisse­nschaftler. „Eine Medaille wäre ein Traum, aber Gold und Silber sind aus meiner Sicht vergeben. Wenn Robert Bronze holt, dann wären wir beide glücklich. Dann könnte er die ganze Nacht durchfeier­n!“(dpa) Freitag, 4. August Vorkämpfe 20.00 100 m (M) 20.20 Diskuswurf Gr. A (M) 20.30 Weitsprung (M) 20.35 1500 m (F) 20.45 Stabhochsp­rung (F) 21.20 100 m (M) 21.45 Diskuswurf Gr. B (M)

Finalkämpf­e 22.20 10 000 m (M)

WM im Fernsehen Eurosport, 19.30 Uhr und ZDF, 22.15 Uhr

Leichtathl­etik WM

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Foto: Alexander Kaya Der Wurfring ist sein sportliche­s Zuhause: Robert Harting hat drei WM Titel im Dis kuswerfen gewonnen. In London ist er nur Außenseite­r.

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