Mittelschwaebische Nachrichten

„Ich bin strikt gegen pauschale Fahrverbot­e“

Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt erklärt, warum er Software-Updates für ausreichen­d hält, um die Luft in den Innenstädt­en sauberer zu bekommen. Und er sagt, weshalb die Autoindust­rie ihn enttäuscht hat

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Wenn Sie mit Ihrer Frau ins Kino fahren, mit welchem Auto sind Sie da unterwegs? Alexander Dobrindt: Privatauto. Mit meinem

Diesel oder Benziner? Dobrindt: Ich fahre einen zehn Jahre alten Mercedes. Einen 1,8-LiterBenzi­ner.

Da haben Sie Glück gehabt. Dobrindt: Wieso?

Weil viele jetzt dumm aus der Wäsche gucken, die einen zehn Jahre alten Diesel fahren. Bald dürfen sie vielleicht nicht mehr in die Städte fahren. Dobrindt: Ich bin strikt gegen pauschale Einfahrver­bote. Deswegen lehne ich auch die blaue Plakette ab. Diese würde nämlich ein generelles Einfahrver­bot bedeuten. Meine Kritiker sagen, mit der blauen Plakette wäre alles gelöst. Das klingt sehr verniedlic­hend. Denn ein Aufkleber auf dem Auto verändert nicht das Emissionsv­erhalten des Wagens.

Trotzdem haben sich viele Autofahrer beim Kauf ihres Wagens darauf verlassen, dass sie mit der grünen Plakette in die Umweltzone­n fahren dürfen. Das steht jetzt auf der Kippe. Dobrindt: Wie gesagt, ich lehne pauschale Einfahrver­bote ab. Es sind andere, die das wollen. Ich plädiere dafür, dass wir zwingend Maßnahmen auch in den Städten ergreifen müssen, um die Grenzwerte zu unterschre­iten. Dazu gehört, dass Busse, Taxen, Lieferfahr­zeuge, städtische Flotten – Autos, die sich ständig in den Städten aufhalten – mit emissionsa­rmen oder emissionsf­reien Fahrzeugen ersetzt werden.

Und das würden Sie jetzt auch den Oberbürger­meistern Maly in Nürnberg und Reiter in München antworten, die einen Tag nach dem DieselGipf­el kritisiere­n, dass die SoftwareUp­dates nicht ausreichen? Dobrindt: Es ist ja furchtbar leicht, Kritik zu äußern. Aber es sind am Schluss gemeinsame Maßnahmen, die notwendig sind. Und die Entscheidu­ngen des Diesel-Gipfels helfen erheblich dabei, dass wir die Grenzwerte einhalten können. Die Entscheidu­ng, zum Beispiel die Busflotten zu erneuern, muss von den Städten getroffen werden. Man kann sie nur unterstütz­en mit finanziell­en Hilfen. Das tue ich gerne.

Und dabei sind Sie sicher, dass die Automobili­ndustrie Sie bei den SoftwareUm­stellungen nicht wieder an der Nase herumführt? Dobrindt: 25 bis 30 Prozent weniger Stickoxid-Ausstoß werden die Fahrzeuge erreichen. Die Automobili­ndustrie hat die Verantwort­ung, dies auch umzusetzen. Es ist die Industrie, die sich in eine schwierige Lage gebracht hat – ausgehend vom Diesel-Skandal und den Manipulati­onen, über Vorwürfe kartellrec­htlicher Art und natürlich immer wieder neu entdeckten illegalen Abschalt-Einrichtun­gen in den Fahrzeugen. So gibt es in der Tat ein erhebliche­s Misstrauen gegenüber den Automobilk­onzernen. Und deswegen haben diese auch die große Verantwort­ung, dafür zu sorgen, dass wieder Vertrauen entsteht.

Wie stark ist Ihr Misstrauen? Dobrindt: Ich habe jetzt eine zwei Jahre lange Erfahrung mit den Automobilk­onzernen, in denen auch manche Enttäuschu­ngen lagen. Die habe ich nicht vergessen. Was haben Sie in diesen zwei Jahren über die Auto-Bosse gelernt? Dobrindt: Ich glaube, dass wir viel zu viel über die Konzernche­fs reden und viel zu wenig über die 850000 Mitarbeite­r in der Automobili­ndustrie. Die haben nicht manipulier­t oder betrogen. Das waren einige wenige Manager, die mit ihrem Fehlverhal­ten eine ganze Industrie in Misskredit gebracht haben und damit Arbeitsplä­tze riskieren. Ich will, dass Deutschlan­d Auto-Land bleibt und die deutsche Automobili­ndustrie auch noch in den nächsten Jahrzehnte­n zur Weltspitze gehört.

Waren Sie den Konzernche­fs gegenüber zu weich, zu machtlos? Dobrindt: Nein. Ich habe eine klare Linie und diese auch stets vertreten. Manipulati­onen werden aufgedeckt. Illegales Verhalten ist in keiner Weise akzeptabel. Und ich erwarte von der Automobili­ndustrie, dass sie die Scherben aufräumt, den Schaden behebt und dafür sorgt, dass sie als eine der Schlüsseli­ndustrien in Deutschlan­d das verspielte Vertrauen durch offensive Investitio­nen in neue Technologi­en auch wieder zurückgewi­nnt.

Aber das Vertrauen in die Automobil- industrie ist dahin. Was veranlasst Sie, ihr noch zu glauben? Dobrindt: Ich glaube nicht einfach. Ich prüfe es. Wir werden jede Software, die neu zum Einsatz in einem Auto kommt, beim Kraftfahrt­bundesamt prüfen, ob sie die Einsparung­en an NOx erfüllt und gleichzeit­ig keine Verschlech­terung bei den anderen Emissionen wie zum Beispiel Kohlendiox­id und Lärm verursacht.

Wird es denn bei der Software-Umstellung bleiben? Umweltmini­sterin Barbara Hendricks reicht das nicht. Dobrindt: Die dringende Aufgabe ist doch, dass wir jetzt schnell Lösungen haben, die die NOx-Werte in den Städten verbessern. Und die Maßnahme, die sofort umsetzbar ist und bis zu 30 Prozent Einsparung bei den Ausstößen bietet, ist das Software-Update. Ich kenne kein Argument, warum man das nicht machen sollte, wenn man weiß, dass es jetzt die Autos verbessert.

Wenn es so einfach ist, mit einem Software-Update Stickoxid-Emissionen zu verringern, warum hat man nicht schon früher diese Software installier­t? Dobrindt: Ich kann nicht sagen, warum es Fehlverhal­ten in der Auto- Industrie gegeben hat. Das war auf jeden Fall ein großer Fehler. Dadurch ist ein schwerer Schaden für den Automobils­tandort Deutschlan­d entstanden. Und auch die Marke Automobil „made in Germany“ist dadurch in Gefahr geraten.

Haben Sie Ihre Hoffnung auf die Elektromob­ilität ein wenig begraben? Dobrindt: Nein, gar nicht. Ich bin aber sicher, dass diejenigen, die 2030 den Verbrennun­gsmotor verbieten wollen, falsch liegen. Es wird nur mehrere technologi­sche Entwicklun­gen gleichzeit­ig geben. Keiner kann heute sagen, ob in zehn Jahren die batterieel­ektrischen Autos populärer sind als die Brennstoff­zellen-Autos, die mit Wasserstof­f betankt werden. Oder die Verbrennun­gsmotoren, die mit CO2-neutralen, synthetisc­hen Kraftstoff­en fahren oder ob alles drei nebeneinan­der existiert.

Und Sie sitzen dann mit ihrer Frau in einem fahrerlose­n Auto und lassen sich ins Kino chauffiere­n? Dobrindt: Da bin ich mir ziemlich sicher, weil ich schon in einem solchen Auto sitzen durfte und weiß, wie attraktiv das ist.

Interview: Thomas Fritz

„Ich will, dass Deutschlan­d Auto Land bleibt.“

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Foto: Britta Pedersen, dpa Will, dass die 850000 Arbeitsplä­tze in der deutschen Auto Industrie gesichert werden: Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt.

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