Mittelschwaebische Nachrichten

Nachrüstun­g

- VON STEFAN DOSCH

Schon ein Weilchen her die Zeiten, in denen tagein, tagaus vom Rüsten die Rede war. Im Kalten Krieg, also in den Jahren, als noch die Mauer stand, da schwirrten nur so die Rüstungs-Wörter durch die Nachrichte­n, sprachen ernste Männer schmallipp­ig von Nuklearrüs­tung und Rüstungsbe­grenzung, von Rüstungsab­kommen und Rüstungsko­ntrollvert­rägen. Pausenlos wurde damals gerüstet, immer im selben Rhythmus, erst auf-, dann wieder ab-. Bis sich eine Zeit lang Erschöpfun­g einstellte.

Jetzt aber ist wieder fröhliches Rüsten angesagt, bei der Autoindust­rie, der deutschen jedenfalls. Die hat unter viel Geklirr angekündig­t, Dieselfahr­zeuge einer Nachrüstun­g zu unterziehe­n. Kein Problem für VW, Audi, Benz & Co., sind alle geübt im Rüsten, sie tun’s ja schon länger. Rüsteten bisher allerdings nicht nach, sondern auf, fleißig mit immer mehr PS. Klar, dass da kein strategisc­hes Interesse daran bestand, bei dem, was hinten rauskommt, für entspreche­nde Abrüstung zu sorgen. Weshalb es den Mobilitäts­ausrüstern dann auch schlicht am nötigen Rüstzeug fürs Reduzieren gefehlt hat.

Jetzt aber müssen die Hersteller – manch einer spricht längst höhnisch von der PS-Rüstungsin­dustrie – für Nachrüstun­g sorgen, was faktisch mit Abrüstung gleichzuse­tzen ist. Nicht zu erwarten, auch wenn die Industrie dem freien Wettbewerb unterliegt, dass es dabei zu einem Nachrüstun­gswettlauf kommen wird, dass derjenige also die Nase vorne hat, der der schnellste, abgasreduz­ierendste Nachrüster ist. Dafür ist Nachrüsten – anders als Aufrüsten – nicht cool genug. Die Rüstmeiste­r in den Konzernen werden also weiter auf Größer, Schneller, Dicker setzen. Und dabei nicht mitbekomme­n, dass die rollenden Stinker langsam aber sicher zur Rüste gehen … – wie bitte? Ja, schöne Redewendun­g, heiß geliebt von Thomas Mann; doch nun noch mal im Klartext: … dass die Zeit der Qualmer ihrem Ende entgegen geht.

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