Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn beim Gottesdienst der Pfarrer fehlt
Die Landeskirchliche Gemeinschaft feiert die Renovierung ihres Gemeindezentrums in Burtenbach
Burtenbach Mit einem Tag der offenen Tür feiert die Landeskirchliche Gemeinschaft am heutigen Samstag ab 14 Uhr in Burtenbach das Ergebnis einer enormen gemeinsamen Anstrengung: die Umgestaltung und Renovierung ihres Gemeindezentrums. Die Landeskirchliche Gemeinschaft (LKG) in Burtenbach, erklärt ihr Vorsitzender Norbert Endres, ist ein Verein, der als eigenständige kirchliche Gemeinde unter dem Dach der evangelischen Landeskirche existiert. Die Gemeinschaft sei keine Konfession und ihre Mitglieder müssten auch keiner bestimmten Konfession angehören. „Wer ein aktives Mitglied in unserer Gemeinschaft werden will, der erhält eine Mitgliederkarte, mit der er die Regeln der Gemeinschaft akzeptiert.“Das beinhaltet ein intensives Interesse am christlichen Glauben, ein Verständnis des Glaubens auf der Grundlage der Bibel und aktives Einbringen in die Gemeinschaft.
Landeskirchliche Gemeinschaften sind eine der Fortentwicklungen des Pietismus, wie er schon bald nach der Reformation entstanden ist, und die im 19. Jahrhundert evangelische Landeskirchen in Deutschland und der Schweiz er- Im katholischen Raum Schwaben blieb die Bewegung vereinzelt. Und so lebt die 1919 gegründete Burtenbacher Gemeinschaft in einer Art Diaspora, unterstützt von der deutlich größeren Schwester in Augsburg. Organisatorisch gehören die Burtenbacher zum Hensoltshöher Gemeinschaftsverband in Gunzenhausen, der ebenfalls als Verein strukturiert ist. Dort werden unter anderem die Grundsätze für die Gemeinde festgeschrieben. „Eine kleine Gemeinschaft wie wir kann sich beispielsweise keinen festangestellten Prediger leisten. hat der Dachverband Regeln entwickelt, wie mit den Sakramenten zu verfahren ist“, erklärt Endres. Denn anders als die evangelische oder katholische Kirche feiert die Gemeinschaft, die keine hierarchische Struktur hat, ihre Gottesdienste ohne Pfarrer. Es gibt sogenannte Prediger, Theologen mit einer Zusatzausbildung, doch für einen regulären Gottesdienst werden sie nicht unbedingt benötigt, nicht einmal für das Abendmahl. In Burtenbach haben neben der Diakonissenschwester Ursula mehrere Mitglieder die Qualifikation zu predifassten. gen und das Abendmahl zu feiern. Der Gottesdienst selbst wird von einem Moderator geleitet, Musik und die zentrale Predigt sind wichtig. „Die Kinder werden im Sonntagsgottesdienst nach der Einführung verabschiedet. Ihnen steht ein eigener, kindgerecht ausgestatteter Raum mit Betreuung zur Verfügung.“
Die Gemeinschaft führe zwar ein eigenes, intensives Gemeindeleben, sie sei aber keine geschlossene Gesellschaft, ihr hafte nichts Sektenhaftes an. „Zu uns kann jeder kommen, auch als Gast, wir verlangen von niemandem, dass er sich von seinem bisherigen Leben abwendet.“Engagierte Mitglieder bringen es aber schon auf bis zu zehn Wochenstunden, die sie in der Gemeinschaft verbringen. Schließlich wird das umfangreiche Angebot an Bibelkreisen, Mutter-Kind-Gruppen, Jugendtreff, Kindernachmittag oder Seniorenkreis fast ausschließlich von ehrenamtlichen Mitgliedern geleitet.
Das bedeutet auch, dass die Mitglieder ihre Gemeinschaft finanziell unterstützen. Das Geld und der Arbeitseinsatz werden benötigt, denn die Gemeinschaft erhält keine Mittel aus der Kirchensteuer. Das Anfang der 1960er Jahre in Burtenbach geDeshalb baute Gemeinschaftshaus beherbergte viele Jahre Diakonissenschwestern von der Hensoltshöhe, die ab 1923 als Gemeindeschwestern tätig waren. Sie waren die Vorläufer des nach 1999 gegründeten ambulanten Pflegedienstes der Rummelsberger. Im Haus, erinnert sich Endres, gab es unten auch ein Verbandszimmer, in das Patienten zur Versorgung kamen. Doch mussten sich die Schwestern und die pietistischen Bürger in den Anfängen ihre Akzeptanz im Ort erkämpfen, sie hatten allerdings die moralische Unterstützung des Ortspfarrers.
Inzwischen ist die Landeskirchliche Gemeinschaft zu einem festen Bestandteil nicht nur des christlichen Lebens in Burtenbach geworden. Schwester Ursula engagiert sich intensiv in der Flüchtlingsbetreuung. Der Mittwochstreff der Jugendgruppe „Reborn B“, im von den jungen Leuten nach eigenem Geschmack eingerichteten Keller, ist auf einen Stamm von über 30 Besuchern angewachsen. Norbert Endres ist stolz, dass die lebendige Burtenbacher Gemeinschaft dank zahlloser freiwilliger Arbeitsstunden, Spenden und Sponsoren ihr Haus erneuern konnte. Nun sollen am Tag der offenen Tür möglichst viele Bürger das Werk sehen.