Mittelschwaebische Nachrichten
Deckel gegen Kinderlähmung
Wie Schraubverschlüsse gegen Krankheiten eingesetzt werden. 100 000 Stück haben die Rotarier schon gesammelt
Thannhausen/Krumbach Sie sind stolz: 100 000 Deckel können die Rotarier vom Club Schwäbischer Barockwinkel Thannhausen präsentieren. Es sind die Schraubverschlüsse von Einwegflaschen, aus hartem Kunststoff, die farbenfroh in Bigboxen auf dem Gelände der Autolackiererei Schwarz in Krumbach gelagert sind. Hausherr Kai-Uwe Kugelmann ist im Club für die Logistik der Deckelsammlung zuständig. Demnächst werden die Riesentaschen von einem Laster abgeholt und nach Hamburg verfrachtet. Dort sitzt ein Clubfreund und Kooperationspartner, der als Verwerter die Deckel aufkauft.
Das Geld für die Deckel geht aber nicht an den Club in Thannhausen, sondern zu 100 Prozent, wie Clubpräsidentin Claudia Prommersberger-Fischer versichert, an die Initiative „Endpolionow“. Die 1985 von einem philippinischen Rotarier ins Leben gerufene Aktion hat zum Ziel, Polio, also Kinderlähmung, weltweit auszurotten. „Mit den 100000 Deckeln können wir rund 200 Impfungen finanzieren“, freut sich Past Präsident Peter Vohle.
Das Deckelsammeln ist das aktuelle Engagement der Thannhauser Rotarier, um für die Impfungen Geld zu akquirieren. Die Idee dazu hatte Constanze Abendroth, die auch im Vorstand des eigens gegründeten Vereins „Deckel-gegenPolio“ist.
Vor zehn Monaten begannen die Thannhauser Rotarier mit einer Auftaktveranstaltung das Deckelsammeln. Danach wurden kleine, präparierte Eimer mit Einfüllloch im Deckel aufgestellt, in die man die Schraubverschlüsse werfen kann. „Wir können nur absolut saubere Deckel verwenden.
Deshalb haben wir das Projekt nicht zu sehr beworben. Würden in den Sammelboxen Verschmutzungen entstehen, wäre der Nutzeffekt weg.“Deshalb stellten die Rotarier vor allem in Praxen, befreundeten Firmen, Geschäften oder auch kooperationsbereiten Schulen und Kindergärten ihre Sammeleimer auf. Nur dort eben, wo die Sauberkeit kontrolliert werden kann. Daneben gab und gibt es auch Privatinitiativen, wie die von Anette Titze, der Hausdame des Hotels Post, die mit ihrem Mann, den Kindern, Freunden und Nachbarn immerhin 14 000 Flaschendeckel sammelte und somit 28 Polioimpfungen ermöglicht hat.
Zwar seien nur noch drei Länder betroffen: Pakistan, Afghanistan und Nigeria. Aber in unserer globalisierten Welt sei die flächendeckende Durchimpfung notwendig, um neue Ausbrüche auszuschließen. „Schließlich können erwachsene Männer den Erreger übertragen ohne selbst zu erkranken“, warnen die Rotarier vor zu großer Nachlässigkeit und betonen die Notwendigkeit, das vor über 30 Jahren begonnene Projekt fortzuführen.
Inzwischen hat sich die Weltgesundheitsorganisation das Programm zu eigen gemacht, große Geldgeber wie Microsoftgründer Bill Gates schießen immer wieder Millionenbeträge zu, doch auch der kleine Beitrag wird benötigt, ganz nach der Devise, auch Kleinvieh macht Mist.
Deshalb will Rotary Thannhausen am diesjährigen Tag der Polioaktion im Oktober mehr in die Öffentlichkeit gehen und weitere Sammler gewinnen. „Auch wenn schon viel erreicht wurde bei der Poliobekämpfung, es gibt noch zahlreiche andere Erreger, die in den durch die Deckelsammlung möglich gemachten Laboren analysiert werden müssen. Die aufwendige Logistik bei Impfaktionen, etwa in Slums, die immer auch mit persönlicher Aufklärung verbunden sein muss, der Impfstoff, die Manpower kosten auch weiterhin viel Geld,“erklärt Claudia Prommersberger-Fischer. Deshalb gilt für die Rotarier und alle, die sich an der Aktion beteiligen wollen: Jeder Deckel zählt.