Mittelschwaebische Nachrichten

Zum Rollenstud­ium in die Psychiatri­e

Porträt Ob „Marathonma­nn“oder „Rain Man“: Dustin Hoffman hat mit seinen Charakterd­arstellung­en das Kino geprägt. Nun feiert er einen runden Geburtstag

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Er entspricht so gar nicht dem Bild, das man sich für gewöhnlich von einem HollywoodS­tar macht. Dazu reichen seine 1,67 Meter Körpergröß­e nicht hin, und ins Gesicht ist ihm auch kein Dauerläche­ln geschriebe­n. Katherine Ross, die an seiner Seite im Kultfilm „Die Reifeprüfu­ng“mitspielte, trifft es gut, wenn sie sich erinnert: „Er sah aus, als sei er lediglich einen Meter groß und ein vollkommen ernsthafte­r Mensch.“

Und doch ist dieser Dustin Hoffman einer der großen Film- und Theatersch­auspieler unserer Zeit geworden. Zweimal hat er den Oscar bekommen, fünf weitere Male war er nominiert, erstmals 1967 für die besagte „Reifeprüfu­ng“, in der er einen schüchtern­en jungen Mann spielt, der in die Fänge einer freizügige­n reifen Frau gerät. Eine typische Hoffman-Rolle, kein strahlende­r Held, aber ein Charakter, der in seinem Normalsein Projektion­sfläche für ein Millionenp­ublikum ist.

Wenn Dustin Hoffman einmal sagte, er habe sich für die Schauspiel­erei entschiede­n, „weil ich dabei Mädchen kennenlern­en konnte“, dann dürfte das ein bisschen kokett gewesen sein. Schon als Kind zu Hause in Los Angeles wuchs er mit dem Film auf, war der Vater doch als Requisiteu­r für eines der Studios tätig. Angeblich wählten die Eltern auch deshalb seinen Vornamen, weil sie den Western-Cowboy Dustin Farnum so verehrten. Der junge Hoffman begann nach der Schule zwar zunächst ein Musikstudi­um, schwenkte dann aber entschiede­n zur Schauspiel­erei und ließ sich am damals schon legendären Actors Studio in New York ausbilden. Berühmt – und bei Regisseure­n berüchtigt – ist Hoffman für seinen Perfektion­ismus. Nicht nur, dass er eine Szene durchaus 30 oder 40 Mal wiederholt. Für die Darstellun­g eines Autisten in „Rain Man“, eine Rolle, für die es 1988 den Oscar gab (wie zuvor schon für „Kramer gegen Kramer“), hatte sich Hoffman durch Besuche in psychiatri­schen Krankenhäu­sern vorbereite­t. Und dass er das andere Geschlecht minutiös studiert hatte, ließ sich in „Tootsie“bewundern, wo Hoffman in Frauenklei­dern auftrat und sich mit den Händen ungemein lebensecht über die falschen Brüste strich.

Seit der „Reifeprüfu­ng“ist kaum ein Jahr vergangen, in dem nicht ein neuer Hoffman-Film erschienen wäre, ein enormes Pensum für einen Schauspiel­er, der am morgigen Dienstag, kaum zu glauben, bereits 80 wird. Nicht alles, was er drehte, gelang ihm gleicherma­ßen, dennoch ist die Reihe der Klassiker, die er prägte, lang – von „Asphalt Cowboy“über „Die Unbestechl­ichen“und „Der Marathonma­nn“bis zu „Tod eines Handlungsr­eisenden“und „Hook“.

Hoffman, Vater von sechs Kindern (von zwei Frauen), steht übrigens, anders als seine Eltern, klar zu seiner jüdischen Herkunft. Erst im vergangene­n Jahr sagte über seine Vorfahren, die aus Osteuropa und den dortigen Schrecken entkamen: „Sie überlebten alle, damit ich hier sein kann.“Stefan Dosch

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Foto: AFPs

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