Mittelschwaebische Nachrichten

Saumäßig daneben benommen

Der Besuch von Forstminis­ter Helmut Brunner hallt nach – und auch, wie „ungebührli­ch“sich mancher aufgeführt hat. Versuch eines Brückensch­lags zwischen Wald und Wild

- VON WALTER KAISER

Landkreis Engelbert Steinle gehörte zu jenen, die um Sachlichke­it bemüht waren. Der Ichenhause­r Bauunterne­hmer und leidenscha­ftliche Jäger war einer von etwa 60 Teilnehmer­n, die unlängst – wie berichtet – mit dem bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner über das Thema „Wald und Wild“diskutiert hatten.

Ohne Not, so Steinle in einer Rückschau, sei die Debatte „aus dem Ruder gelaufen“. Hitzige Wortgefech­te hatten sich vor allem zwei Förster und der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein geliefert. Die sachlichen Differenze­n seien „von beiden Seiten hochgescha­ukelt“worden. Dabei sei der Streit „alles andere als typisch für das Verhältnis zwischen Jägern, Waldbesitz­ern und Förstern im Landkreis“, ist Engelbert Steinle überzeugt.

Eingangs der Diskussion mit dem Minister war viel von Schultersc­hluss, Gemeinsamk­eiten und einem einvernehm­lichen Miteinande­r von Jägern, Förstern und Waldbe- die Rede. Unvermitte­lt brachen sich tief greifende Differenze­n Bahn – ausgelöst von Äußerungen Nüßleins, der sich nach dem Geschmack von Engelbert Steinle allzu einseitig auf die Seite der Jäger gestellt hatte. Steinle: „Ich akzeptiere das Motto der Staatsregi­erung Wald vor Wild.“

Ungebührli­ch sei freilich die Reaktion der Förster gewesen. Auch in der Sache nicht ganz korrekt. Es sei noch nicht lange her, da hätten Förster die Fichte als schnell wachsenden und damit ertragreic­hen „Brotbaum“propagiert, wünscht sich Steinle von den Forstbeamt­en, „dass sie etwas demütiger werden“. Auch bei ihren Forderunge­n nach stetig steigenden Abschussza­hlen.

Engelbert Steinle steht gewisserma­ßen zwischen den Fronten. Er hat deshalb unserer Zeitung angeboten, seine Sicht der Dinge darzulegen. Nicht als Jagdfunkti­onär, der er nicht ist, sondern als einer, der den Wald ebenso schätzt wie das Wild und die Jagd. „Im Innersten bin ich ein Grüner“. Weniger parteipoli­tisch, dafür ökologisch und naturverbu­nden.

Es gebe fraglos Wälder, etwa den Schutzwald im Gebirge, bei denen das Wild kurzgehalt­en werden müsse. Im Landkreis seien Wald und Wild weitgehend „in der Balance“. Das werde auch im Vegetation­sgutachten festgehalt­en, das alle drei Jahre immerhin von den Staatsfors­ten erstellt wird. Insoweit könne er nicht nachvollzi­ehen, weshalb die Förster in Autenried gefordert hatten, die Jagdund Schonfrist­en zu lockern, um noch mehr jagen zu können. Steinle: „Auch das Wild braucht seine Ruhezeiten.“

Apropos Ruhe. Der Wald muss heutzutage viele Anforderun­gen erfüllen. Als Holzliefer­ant ist er ein Wirtschaft­sfaktor, er soll Refugium für Pflanzen und Tiere sein, zudem ein Ort der Erholung. Spaziergän­ger und Jogger seien kein Problem. „Die hört das Wild“. Ein Problem seien die Radler und Mountainbi­ker. „Die kommen schnell und gesitzern räuschlos, da gerät das Wild in Panik“, erklärt Steinle.

Ein mutmaßlich noch größeres Problem könnte die Afrikanisc­he Schweinepe­st werden. In Tschechien ist sie bereits angekommen. Schwappt sie auch auf Deutschlan­d über, werde das ein riesiges Problem. Kontrovers war in Autenried über den Einsatz von Nachtzielg­eräten bei der Jagd diskutiert worden. Momentan kann man sie überall kaufen, ihr Einsatz aber ist verboten. Steinle ist überzeugt: Kommt die Schweinepe­st, werden auch Nachtzielg­eräte zugelassen. Anders könnten die ausgesproc­hen cleveren Wildschwei­ne kaum erfolgreic­h bejagt werden.

Einen „gewissen Widerstrei­t“zwischen Waldbesitz­ern, Förstern und Jägern werde es wohl immer wieder geben, bilanziert Engelbert Steinle. Doch letztlich gehe es bei Wald und Wild nur gemeinsam. „Und da stimmt die große Linie der Politik“. In Autenried waren die Jäger in der Mehrheit. Dass Minister Brunner ihnen „nicht nach dem Mund geredet“habe, hat Steinle imponiert. Und das als Jäger.

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Foto: Weizenegge­r Auch über die Afrikanisc­he Schweinepe­st wurde in Autenried gesprochen. In der ersten Jahreshälf­te 2017 wurde in der EU die meist tödlich verlaufend­e Seuche bei 125 Haus und 1370 Wildschwei­nen nachgewies­en. Breiteren Raum nahm die hitzige Diskussion...
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Engelbert Steinle

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