Mittelschwaebische Nachrichten
Saumäßig daneben benommen
Der Besuch von Forstminister Helmut Brunner hallt nach – und auch, wie „ungebührlich“sich mancher aufgeführt hat. Versuch eines Brückenschlags zwischen Wald und Wild
Landkreis Engelbert Steinle gehörte zu jenen, die um Sachlichkeit bemüht waren. Der Ichenhauser Bauunternehmer und leidenschaftliche Jäger war einer von etwa 60 Teilnehmern, die unlängst – wie berichtet – mit dem bayerischen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner über das Thema „Wald und Wild“diskutiert hatten.
Ohne Not, so Steinle in einer Rückschau, sei die Debatte „aus dem Ruder gelaufen“. Hitzige Wortgefechte hatten sich vor allem zwei Förster und der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein geliefert. Die sachlichen Differenzen seien „von beiden Seiten hochgeschaukelt“worden. Dabei sei der Streit „alles andere als typisch für das Verhältnis zwischen Jägern, Waldbesitzern und Förstern im Landkreis“, ist Engelbert Steinle überzeugt.
Eingangs der Diskussion mit dem Minister war viel von Schulterschluss, Gemeinsamkeiten und einem einvernehmlichen Miteinander von Jägern, Förstern und Waldbe- die Rede. Unvermittelt brachen sich tief greifende Differenzen Bahn – ausgelöst von Äußerungen Nüßleins, der sich nach dem Geschmack von Engelbert Steinle allzu einseitig auf die Seite der Jäger gestellt hatte. Steinle: „Ich akzeptiere das Motto der Staatsregierung Wald vor Wild.“
Ungebührlich sei freilich die Reaktion der Förster gewesen. Auch in der Sache nicht ganz korrekt. Es sei noch nicht lange her, da hätten Förster die Fichte als schnell wachsenden und damit ertragreichen „Brotbaum“propagiert, wünscht sich Steinle von den Forstbeamten, „dass sie etwas demütiger werden“. Auch bei ihren Forderungen nach stetig steigenden Abschusszahlen.
Engelbert Steinle steht gewissermaßen zwischen den Fronten. Er hat deshalb unserer Zeitung angeboten, seine Sicht der Dinge darzulegen. Nicht als Jagdfunktionär, der er nicht ist, sondern als einer, der den Wald ebenso schätzt wie das Wild und die Jagd. „Im Innersten bin ich ein Grüner“. Weniger parteipolitisch, dafür ökologisch und naturverbunden.
Es gebe fraglos Wälder, etwa den Schutzwald im Gebirge, bei denen das Wild kurzgehalten werden müsse. Im Landkreis seien Wald und Wild weitgehend „in der Balance“. Das werde auch im Vegetationsgutachten festgehalten, das alle drei Jahre immerhin von den Staatsforsten erstellt wird. Insoweit könne er nicht nachvollziehen, weshalb die Förster in Autenried gefordert hatten, die Jagdund Schonfristen zu lockern, um noch mehr jagen zu können. Steinle: „Auch das Wild braucht seine Ruhezeiten.“
Apropos Ruhe. Der Wald muss heutzutage viele Anforderungen erfüllen. Als Holzlieferant ist er ein Wirtschaftsfaktor, er soll Refugium für Pflanzen und Tiere sein, zudem ein Ort der Erholung. Spaziergänger und Jogger seien kein Problem. „Die hört das Wild“. Ein Problem seien die Radler und Mountainbiker. „Die kommen schnell und gesitzern räuschlos, da gerät das Wild in Panik“, erklärt Steinle.
Ein mutmaßlich noch größeres Problem könnte die Afrikanische Schweinepest werden. In Tschechien ist sie bereits angekommen. Schwappt sie auch auf Deutschland über, werde das ein riesiges Problem. Kontrovers war in Autenried über den Einsatz von Nachtzielgeräten bei der Jagd diskutiert worden. Momentan kann man sie überall kaufen, ihr Einsatz aber ist verboten. Steinle ist überzeugt: Kommt die Schweinepest, werden auch Nachtzielgeräte zugelassen. Anders könnten die ausgesprochen cleveren Wildschweine kaum erfolgreich bejagt werden.
Einen „gewissen Widerstreit“zwischen Waldbesitzern, Förstern und Jägern werde es wohl immer wieder geben, bilanziert Engelbert Steinle. Doch letztlich gehe es bei Wald und Wild nur gemeinsam. „Und da stimmt die große Linie der Politik“. In Autenried waren die Jäger in der Mehrheit. Dass Minister Brunner ihnen „nicht nach dem Mund geredet“habe, hat Steinle imponiert. Und das als Jäger.