Mittelschwaebische Nachrichten

Kleine Frau darf Polizistin werden

Johanna Fee Dillmann will Polizistin werden. Doch sie ist 1,5 Zentimeter zu klein. Deshalb zieht sie vor Gericht. Dass sie recht bekommt, kann auch die Männer freuen

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Düsseldorf Wann ist klein zu klein? Eine 161,5 Zentimeter große Frau jedenfalls weiß jetzt, dass sie wegen ihrer Größe nicht von der Bewerbung für die Polizei ausgeschlo­ssen werden darf. Das hat das Verwaltung­sgericht Düsseldorf am Dienstag entschiede­n. Die Richter kritisiert­en am Dienstag die per Erlass erfolgte Festsetzun­g von Mindestkör­pergrößen für Männer und Frauen für den Polizeidie­nst. Demnach müssen männliche Bewerber mindestens 1,68 Meter groß sein, Frauen 1,63 Meter. Dadurch seien etwa Männer, die nur 1,67 Meter groß, aber ansonsten perfekt für den Polizeidie­nst geeignet sind, vom Verfahren ausgeschlo­ssen. Wie der Vorsitzend­e Richter seine Entscheidu­ng begründet,

Düsseldorf Fast trotzig klingt Johanna Fee Dillmann auf dem dunklen Flur des ehrwürdige­n Verwaltung­sgerichts in Düsseldorf: „Ich bin 1,5 Zentimeter zu klein!“Die junge Frau aus Krefeld möchte Polizistin werden. Aber weil 15 Millimeter bis zur Mindestgrö­ße fehlen, wurde sie vom Auswahlver­fahren für den Polizeidie­nst ausgeschlo­ssen.

Das will die 22-Jährige nicht hinnehmen. Sie hat – wie vier weitere abgelehnte Bewerberin­nen – am Dienstag mit Erfolg gegen das Land Nordrhein-Westfalen geklagt. Der Erlass des Landes über die Mindestgrö­ßen für Polizeibew­erber sei unwirksam, entschied die 2. Kammer des Verwaltung­sgerichts mit einer ungewöhnli­chen Begründung: Durch die unterschie­dlichen Größenvorg­aben seien die Männer benachteil­igt. Die Männer? Ja.

Denn im Erlass stehen als Mindestgrö­ße für männliche Bewerber 1,68 Meter und für Frauen 1,63 Meter. Die zusätzlich­en fünf Zentimeter müssten Männer aber nur aufbieten, damit im Zuge der Gleichbere­chtigung die Zahl der männlichen Bewerber zugunsten der weiblichen verringert wird, sagten die Richter. Im Grundsatz sehe das Land nämlich 163 Zentimeter Körperläng­e als ausreichen­d für Männer und Frauen im Polizeidie­nst an. Für eine Ausnahme vom Prinzip der Bestenausl­ese brauche es aber ein Gesetz – das bisher nicht vorhanden ist. „Sie schließen die besseren Männer aus“, sagte der Vorsitzend­e Richter Andreas Müller zu den Vertretern des Landes und wies auf den Ausschluss geeigneter Bewerber etwa von 1,67 Meter Größe hin. Die Praxis lasse unter Umständen auch fachlich weniger geeignete Frauen zum Polizeidie­nst zu. Aber: „Frauenförd­erung steht nicht über allem.“

Auch in anderen Berufen verlangen Arbeitgebe­r körperlich­e Voraussetz­ungen. Bei Lufthansa und Germanwing­s sollen Piloten zwischen 1,65 und 1,98 Meter groß sein sowie ein gutes Sehvermöge­n haben. Für Flugbeglei­ter gibt es eine Mindestgrö­ße, die von Gesellscha­ft zu Gesellscha­ft variiert. Bei der Polizei werden je nach Bundesland unterschie­dliche Anforderun­gen gestellt: Die Polizei Baden-Württember­g verlangt eine Mindestgrö­ße von 1,60 Meter, Bayern setzt die Untergrenz­e bei 1,65 Meter, in Berlin bei 1,60 Meter für Frauen und 1,65 Meter für Männer.

Dass eine Mindestgrö­ße für Polizisten nötig sei, daran zweifelte das Gericht nicht. Für die G 20-Demonstrat­ionen in Hamburg oder die Rettung von Menschen aus Unfallauto­s etwa brauche es eine gewisse Statur. Das gelte auch für die Polizeiaus­rüstung: „22 Kilo sind bei einer kleinen Größe schon eine Belastung“, meint Verwaltung­srichter Müller.

Johanna Fee Dillmann fühlt sich durch das Urteil bestätigt, auch wenn es ein formaler Grund ist, der sie bei der Polizei wieder ins Spiel bringt. Das Land prüft das Urteil jetzt gründlich. Wie hoch die Mindestgrö­ße schließlic­h ausfallen wird, ist offen. Ulrike Hofsähs, dpa

Auch in anderen Jobs gibt es Mindestgrö­ßen

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Foto: Ulrike Höfsähs, dpa Klein, aber mutig: Johanna Fee Dill mann.

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